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Finstere Nacht Trauer und Düsteres

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Alt 08.05.2011, 23:35   #1
Chavali
ADäquat
 
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Standard Der alte Brunnen

Und wieder geh ich zu dem Brunnen,
der drüben moosbewachsen liegt,
zwölf Schritte nur von mir entfernt,
in dem das Wasser nie versiegt.

An seinem Rand gebrochne Steine,
wie auch mein Leben einst zerbrach,
in seinem Innern rauscht es leise
und über ihm ein Blätterdach.

Wie oft stand ich an seinem Rand,
den Blick nach unten tief in ihn,
wo schwarzes Wasser leise singt,
das mich zum Umkehrdenken zwingt.

Und doch, ich finde meine Ruhe
im fernen Plätschern tief in ihm,
bin angekommen von der Reise,
die niemals mehr zu Ende schien.

Nun bin ich eins mit meinem Brunnen,
der moosbewachsen mich erwärmt,
kein Schritt mehr bin ich fern von ihm,
wo auch kein kaltes Leben lärmt.



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© auf alle meine Texte
Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

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Geändert von Chavali (10.05.2011 um 22:53 Uhr)
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Alt 10.05.2011, 00:00   #2
Blaugold
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Standard

Hallo Chavali

Dein Gedicht scheint für mich, als ob es ein Entwurf wäre. Formal sind wenige Reime vorhanden, manche Strophen haben, manche nicht, wie zufällig!
Vielleicht verbindet das LI die Tiefe des Brunnens und das schwarze Loch mit seinem eigenen Leben, bzw. mit seinen Empfindungen voller Schwere. Vielleicht ist es im Begriff bald mit der Tiefe das Brunnens eins zu sein, denn nur noch ein Schritt ...
Ich bin mir jedoch nicht sicher, ob das deine Intention ist. Manches deutet für mich darauf hin, anderes eher nicht. Es könnte dementsprechend auch so verstanden werden, dass LI sich beim Brunnen nur etwas von der kalten Welt zurückzieht.
Die wie beliebig auftauchenden Reime fallen natürlich aus dem Rahmen, auch wenn die Metrik ok ist. Wären überhaupt keine Reime nicht stimmiger?

Blaugold
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Alt 10.05.2011, 00:19   #3
ginTon
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Standard

liebe chavilein

mir gefiel das Werk auf Anhieb, es klingt über weite Strecken sehr melancholisch
und traurig, zum Ende hin hat es aber etwas befreiendes, weiß aber nicht ob ich
das jetzt richtig gelesen habe...

mit den Reimen finde ich, dass dieses Werk erst dadurch seine Wirkung entfaltet.
in der ersten Strophe haben wir einen reinen Reim und in der zweiten eine Assonanz
und einen grammatikalischen Reim. in der dritten und letzten Strophe wiederum reine
Reime und in der vierten Assonanz...

gerade durch diese Reim bzw. Halbreimanordnung die auch in jeder Strophe
unterschiedlich ist, gewinnt der Text für mich an Klang,, es ist ja nun mal kein
ehernes Gesetz entweder alles in Reimform zu schreiben oder alles nicht..die
Freiheit es hier so zu schreiben, hat dieses Werk erst zu dem gemacht was
es ist, mir gefällts...

liebe Grüße gin
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nichts bleibt, nichts ist abgeschlossen und nichts ist perfekt... (Wabi-Sabi)
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Alt 10.05.2011, 20:00   #4
Erich Kykal
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Hi, Chavali!

Für Zitate ist solch ein Wust an Schriftbild kontraproduktiv! Ich musste viel entfernen, um an die eigentlichen Zelen zu kommen! Ich hoffe, du weißt meine Mühen zu schätzen!


Zum Brunnen geh ich immer wieder,
der drüben moosbewachsen liegt, Sprachlich klarer.
zwölf Schritte weiter singt sein Lied er, Gereimt!
wo ihm das Wasser nie versiegt. Passender.

An seinem Rand gebrochne Steine,
wie auch mein Leben einst zerbrach,
so rauscht er still für sich alleine, Gereimt!
und über ihm das Blätterdach. Schöner.

Wie oft stand ich an seinem Rande,
den Blick nach unten tief in ihn,
in schwarze Wasser auf dem Sande, Gereimt!
die mich an andre Ufer ziehn. Gereimt!

Und doch, ich finde meine Ruhe
im fernen Plätschern Tag für Tag,
und wachse leis in größre Schuhe, Gereimt!
darin ich weiter gehen mag. Gereimt!

So bin ich eins mit meiner Quelle, Wortwiederholung "nun" mit nächster Zeile.
die moosbewachsen mich nun wärmt,
ganz eins mit jener stillen Stelle, Gereimt!
um die wie fern das Leben lärmt.


Da mir aufgefallen ist, dass du immer (zumindest sehr oft) nur die 2. und die 4. Zeile reimst, aus welchen Gründen auch immer, und manchmal wohl auch gar keine, wollte ich dir mal zeigen, um wieviel noch besser es klingen mag, wenn man sich die kleine Mühe macht, auch die anderen Zeilen übereinzustimmen. Die Wirkung ist verblüffend.
Ich weiß ja nicht, welche Motive dich zu einer solchen, aus meiner Sicht "halbfertigen" Reimerei bewogen haben. Natürlich weiß ich, dass dies eine statthafte Art des Reimschemas ist, indes - mein Gefühl fragt nicht danach! Bitte nicht grollen! Ich wollte nur mal zeigen, wie's anders ginge, und wie's damit klingt.
Von daher betrachte meinen Eingriff bitte als bloßes Experiment. Vielleicht sagt es dir was, vielleicht nicht.

Auf jeden Fall - nach meinen Änderungen - sehr gerne gelesen! (vorher nur gerne...feix)

LG, eKy
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.

Geändert von Erich Kykal (10.05.2011 um 20:53 Uhr)
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Alt 10.05.2011, 21:17   #5
Stimme der Zeit
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Hallo, liebe Chavali,

hab ein bisschen Zeit gebraucht, aber manchmal fordert mich ein Gedicht auf, richtig "hinein zu tauchen", so wie deines hier.

Und wieder geh ich zu dem Brunnen, xXxXxXxXx – 9 – a (Identischer Reim S5,V19
der moosbewachsen drüben liegt, xXxXxXxX – 8 – b (Reiner Reim mit „versiegt“)
zwölf Schritte nur von mir entfernt, xXxXxXxX – 8 – c (Unreiner Reim mit S5, V2+4)
in dem das Wasser nie versiegt. XxxXxXxX – 8 – b (Reiner Reim mit „liegt“)

An seinem Rand gebrochne Steine, xXxXxXxXx – 9 – d (Assonanz zu „leise“)
wie auch mein Leben einst zerbrach, xXxXxXxX – 8 – e
in seinem Innern rauscht es leise xXxXxXxXx – 9 f (Reiner Reim mit „Reise“)
und über ihm ein Blätterdach. XXxXxXxX – 8 - e

Wie oft stand ich an seinem Rand, xXxXxXxX – 8 – g (Alliteration zu „Ruhe“ und „Reise“)
den Blick nach unten tief in ihn, xXxXxXxX – 8 h (Assonanz zu „ihm“)
wo schwarzes Wasser leise singt, xXxXxXxX -8 – i (Reiner Paarreim mit V4)
das mich zum Umkehrdenken zwingt. xXxXxXxX – 8 – i (Reiner Paarreim mit V3)

Und doch, ich finde meine Ruhe xXxXxXxXx -9 – g (Alliteration zu „Reise“)
im fernen Plätschern tief in ihm, xXxXxXxX – 8 k (Identischer Reim S5,V3)
bin angekommen von der Reise, xXxXxXxXx – 9 – f + g(Alliteration zu „Ruhe“, Reiner Reim mit „leise“)
die niemals mehr zu Ende schien. xXxXxXxX -8 – h (Äquivoker Reim mit „ihn“)

Nun bin ich eins mit meinem Brunnen, xXxXxXxXx – 9 – a (Identischer Reim S1,V1)
der moosbewachsen mich nun wärmt, xXxXxXxX – 8 – l (Reiner Reim mit V4)
kein Schritt mehr bin ich fern von ihm, xXxXxXxX – 8 h + k (Assonanz zu „ihn“, Identischer Reim S4,V2))
wo auch kein kaltes Leben lärmt. xXxXxXxX – 8 -l (Reiner Reim mit V2)


Es gibt nur zwei klitzekleine Stellen: „zerbraach“ und „Dach“ in S2 und in S5, V1+V2: 2x „nun“. Darf ich da einen Vorschlag machen? „der moosbewachsen mich erwärmt,“ - nur als Anregung, denn dein Gedicht ist so gut geworden, dass mich dann Kleinigkeiten stören, die ich in anderen Fällen gar nicht registrieren würde …

„Rand“ und „Rand“ finde ich dagegen gut, genauso wie der doppelte „Brunnen“. Als übergreifender identischer Reim unterstützt das die Aussage bzw. den Inhalt. Die Variation mit 9 und 8 Silben und der gelungene Wechsel der männlichen und weiblichen Kadenzen lassen es beim Lesen zu, sofort in den Rhythmus zu finden.

„schwarzes Wasser“; „zum“ „zwingt“; „mit meinem“; „moosbewachsen“ „mich“; „kein“ „kaltes“ ... Ich finde es einfach wunderbar, wie du hier ein Gedicht mit Stilmitteln versiehst – so dass man sie beim einfachen Lesen gar nicht bemerkt, da muss man sich schon Zeit dafür nehmen (was ich in diesem Falle sehr gerne getan habe).

Da könnte ich noch die Vokale in den Endreimen aufführen, oder den Wechsel in einen Paarreim in S3, V3+4, genau in der Mitte des Gedichts, um das „Umkehrdenken“ zu unterstreichen. etc. – Liebe Chavali, das Gedicht ist „reimtechnisch“ super gemacht, deshalb wollte ich das einmal optisch darstellen (mache ich sehr selten). Ganz, ganz großes Kompliment!

Was den Inhalt betrifft, finde ich die Wahl des „moosbewachsenen Brunnens“ gut gewählt. Das erinnert mich an eine japanische Redewendung, wonach man ein Geheimnis nachts in einen Brunnen flüstert, und nur, wenn man ganz alleine ist. Für mich symbolisiert das hier den Ort der „inneren Ruhe“, das Zentrum bzw. den Mittelpunkt im Inneren des LyrIchs. Es findet eine „Einkehr“ statt, die nach einer schweren Zeit („Reise“) im Leben zu neuer Erkenntnis und damit zur Ruhe (meiner Meinung nach könnte man es auch in Richtung „Annahme des Schicksals“ deuten) führt. Die Annäherung wird ersichtlich, wenn zuerst von „zwölf“ Schritten und dann von „keinem Schritt“ die Rede ist. Dieser innere Ort ist immer da, aber das LyrIch muss „hingehen“ um dann den Brunnen zu erreichen.

Ein Hauch von Melancholie und Traurigkeit zieht sich durch das Gedicht, wobei der letzte Vers aber auch als „Rückzug in sich selbst“ betrachtet werden kann. Das LyrIch flüchtet also vor dem „kalten Lärm des Lebens“ in sein Selbst hinein. Was hier dem Gedicht eine beinahe überraschende Wendung gibt, und den Inhalt noch einmal in einem anderen Licht erscheinen lässt.

Mit sehr viel Genuß (und Hochachtung!) gelesen.

Liebe Grüße

Stimme der Zeit

P.S.: Erich Kykal war schneller, sonst hätte ich vielleicht ein paar Aussagen etwas anders formuliert, aber ich lasse es jetzt so, wie es ist.
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Im Forum findet sich in unserer "Eiland-Bibliothek" jetzt ein "Virtueller Schiller-Salon" mit einer Einladung zur "Offenen Tafel".

Dieser Salon entstammt einer Idee von unserem Forenmitglied Thomas, der sich über jeden Beitrag sehr freuen würde.


Stimme der Zeit ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 10.05.2011, 22:08   #6
Chavali
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Hallo Freunde

ich bin beeindruckt.
Nachdem ich dachte, hier kommt wohl nix mehr, finde ich jetzt tolle Kommentare vor.
Aber der Reihe nach.

Hallo Blaugold,
Zitat:
Dein Gedicht scheint für mich, als ob es ein Entwurf wäre
Ein Entwurf? Wie kommst du darauf? Nein, kein Entwurf.
Ich habe sogar auffällig lange daran gearbeitet.
Zitat:
Formal sind wenige Reime vorhanden, manche Strophen haben, manche nicht, wie zufällig!
Die Reihenfolge der Reime, Assonanzen und Nichtreime ist gewollt und absichtlich gesetzt.
Zitat:
Die wie beliebig auftauchenden Reime fallen natürlich aus dem Rahmen, auch wenn die Metrik ok ist.
Wie gesagt, das ist Absicht. Es liest sich doch flüssig und ohne Holperei;
du sagst sebst, die Metrik sei in Ordnung.
Deine Interpretation hört sich stimmig an, so könnte ich den Text gemeint haben.
Ich bin auch absichtlich nicht konkret geworden - es mag jeder selber seine Lesart finden.
Hab ganz herzlichen Dank für deine Überlegungen!


Hallo eKy,
Zitat:
Für Zitate ist solch ein Wust an Schriftbild kontraproduktiv!
Nanu? Das kann dann bloß an deinem Bildschirm liegen - bei mir sieht die Schrift wunderbar aus
Zitat:
Ich weiß ja nicht, welche Motive dich zu einer solchen, aus meiner Sicht "halbfertigen" Reimerei bewogen haben.
Nein, das ist ganz und gar nicht halbfertig - Heine schrieb gerne so und ich mag das.
Aber ich rechne es dir hoch an, dass du dir solche Mühe gemacht hast.
Was ich sicher übernehme, ist ein Tausch der Worte in der ersten Strophe:
drüben moosbewachsen

Alles andere muss ich erstmal sacken lassen
Hab vielen Dank!


Hei ginnie,
Zitat:
mit den Reimen finde ich, dass dieses Werk erst dadurch seine Wirkung entfaltet.
in der ersten Strophe haben wir einen reinen Reim und in der zweiten eine Assonanz
und einen grammatikalischen Reim. in der dritten und letzten Strophe wiederum reine
Reime und in der vierten Assonanz...
So ist es. Ich weiß, dass wir - was das betrifft - die gleichen Ansichten und auch den gleichen Geschmack haben.
Aber es ist doch interessant, wie andere Leser das beurteilen.
Herzlichen Dank dir!


Hallo Stimme,

auch du hast dir wahnsinnig Mühe gegeben, mein größtes Kompliment an dich!
Du hast Zeile für Zeile geixt und bezeichnet, das ist außerordentlich!
Zitat:
Darf ich da einen Vorschlag machen?
Natürlich, gerne!
Ich werde mir alles nochmal durch den Kopf gehen lassen - deine Ideen sind ganz nah an meiner Intention,
anders als Erichs Vorschläge, die sich doch recht weit vom Original entfernt haben.
Du hast einen Wahnsinns-Kommentar abgegeben und bist so tief eingestiegen - ich kann dir gar nicht genug dafür danken.
Kannst du meine Gedanken lesen, die ich für das Gedicht gehabt habe?
Zitat:
das Gedicht ist „reimtechnisch“ super gemacht, deshalb wollte ich das einmal optisch darstellen (mache ich sehr selten). Ganz, ganz großes Kompliment!
Danke, ganz lieben Dank!
Ich bin sehr stolz, dass gerade du das sagst, ich halte dich für eine sehr gute und talentierte Lyrikerin


Beste Dankesgrüße an euch alle, es war mir eine Freude!
Chavali








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