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Alt 03.12.2011, 10:12   #1
wolo von thurland
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard im park

von planquadrat zu planquadrat
verteil ich ein paar lose schritte
quer hinunter durch den park
ohne ziel und mitte

im nebel gehen jogger um
wie longenpferde, will mir scheinen
manche schwatzend, manche stumm
traben sie an leinen

ein hund rennt hinter schafen her
die hier vor tausend jahren grasten
alternativ: ein hund rennt hinter enten her
die auf dem zug nach süden rasten

hört den pfiff, macht rechtsum kehrt
auch die läufer hasten

die vögel wachen langsam auf
der nebel hält sie noch verborgen
menschen holen keuchend schnauf
planvoll wird es morgen

Geändert von wolo von thurland (28.12.2011 um 17:26 Uhr)
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Alt 28.12.2011, 16:50   #2
Stimme der Zeit
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Ort: Stuttgart
Beiträge: 1.836
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Hallo, wolo,

ich interpretiere das in doppelter Hinsicht als Beschreibung. Einmal bezogen auf eine direkte Beobachtung (das LI, morgens im Park) und andererseits als die Beschreibung eines typischen "Planverhaltens" unserer Zeit. Hinzu kommt auch die Tatsache, dass sich meines Erachtens nach das LI "orientierungslos" fühlt. Ich finde, der Inhalt trifft in diesem Fall "punktgenau" die Rubrik, in der er steht.

Auf mich wirkt das "Betreten der Planquadrate", so, als ob das LI das selbst "nicht geplant" hätte und sich deshalb mit "losen Schritten" (halt- / "führungslos"?) bewegt. Es gibt kein erkennbares (geplantes) Ziel und daher fehlt die "Mitte" (worunter ich auch die "innere Mitte" bzw. den "inneren Halt" verstehe). Hier stelle ich mir die Frage, ob das LI ansonsten auch ein "Planer" ist und daher mit seiner ungeplanten Anwesenheit im "Park" nicht zurechtkommt?

Die Jogger im metaphorischen Vergleich mit Longenpferden. "An der Leine" des "Zeitgeists"? Schwatzend und stumm. Manchmal sehe ich auch Jogger mit geradezu "verbissenen" Gesichtern. Warum tun sie etwas, das ihnen keinen "Spaß" macht? Weil es "dazugehört", weil es "in" ist oder weil es "erwartet" wird? Mir scheint es oft so, als ob viele nicht aus eigenem Antrieb unterwegs sind. Man trifft sich mit anderen und zeigt so: Schau her, ich bin sportlich, ich bin fit. Imagepflege?

Bei Strophe 3 gefällt mir das Bild der "Schafe, die hier vor tausend Jahren grasten" inhaltlich besser, ich würde es trotz der unterschiedlichen Vokale (kurzes/langes "a") eigentlich bevorzugen. Der Hund folgt den "Spuren" der "Vergangenheit". Die Schafe symbolisieren für mich etwas, das lange vergangen ist und heute im "Park" nicht mehr zu finden: Zeit und Ruhe, ein Bild der "Friedlichkeit".
Dem kann der Hund nicht lange folgen, sein Herrchen oder Frauchen hat sicher den Spaziergang "geplant", und als "braver Hund" folgt er sofort dem "Pfiff" - keine Zeitverschwendung, bitte. Interessant: "und die Läufer hasten". Sie haben es eilig, laufen vorbei - vielleicht auch an der Möglichkeit der Ruhe?
Ganz kurz: rechtsum kehrt, dachte ich beim ersten Lesen. Danach revidierte ich diese Meinung, ich denke, das ist absichtlich so geschrieben. Der "Hund macht es "recht", wenn er "umkehrt" - doppelsinnig, gefällt mir!

Gut gemacht, das Bild der "langsam aufwachenden Vögel" - sie lassen sich Zeit, schön langsam, im Einklang, ohne Hetze. Einfach weil es "natürlich" ist, aufzuwachen. Obwohl Vögel ja "Frühaufsteher" sind - es ist noch neblig, früh am Morgen. Die beiden letzten Verse gefallen mir am besten:

Zitat:
menschen holen keuchend schnauf
planvoll wird es morgen
Die Vögel erwachen in aller Ruhe - und die Menschen keuchen, außer Puste vom schnellen Laufen. "keuchend schnauf" ist ein echtes "Glanzlicht" als Formulierung, das brachte mich trotz des ernsten Inhalts zum Schmunzeln.
Der letzte Vers ist sehr gut: Ebenfalls doppelsinnig, das "planvoll" - im Sinne von "ganz wie geplant" und im Sinne von "voller Plan/Pläne". Für den sicher ebenso "vollen", "geplanten" Tag.
Und er führt "zurück zu Vers 1" - ein Beispieltag, für viele Tage (oder jeden Tag?) ...

Das Metrum ist "gut geplant". Jeweils zwei Verse in vierhebigen Jamben, gefolgt von einem vierhebigen Trochäus und einem dreihebigen im letzten Vers der Quartette. Das passt, es wirkt auf mich wie ein "Schrittrhythmus", ergänzt durch die alternierenden männlichen und weiblichen Kadenzen. "Links-rechts-links-rechts" und "lang-lang-lang-kurz".

Und natürlich mag ich Stilmittel, wie z. B.: Planquadrat/Planquadrat oder manche/manche (Repetitio) und die Alliterationen. Das gilt auch für die gewählten Metaphern.

Das "t" bei "rechtsumkehrt" habe ich bemerkt, aber hier gilt für mich das Gleiche wie bei dem zuvor erwähnten Vokal "a" - hier ist es der Inhalt wert, die Form ruhig auch einmal "unterzuordnen". (Sooo akribisch bin ich gar nicht. )

Sehr gerne gelesen und kommentiert.

Liebe Grüße

Stimme
__________________
.

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Dieser Salon entstammt einer Idee von unserem Forenmitglied Thomas, der sich über jeden Beitrag sehr freuen würde.



Geändert von Stimme der Zeit (28.12.2011 um 16:52 Uhr)
Stimme der Zeit ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 28.12.2011, 17:25   #3
wolo von thurland
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Beiträge: n/a
Standard

hallo sdz
danke für die grosse arbeit. (wie schaffst du das nur!) ich habe deinen ausführungen kein iota hinzuzufügen.
die "auswahl"-zeilen lasse ich, vielleicht sagt ja noch eine(r) welches ihm besser gefällt.
das "rechtsum kehrt" korrigiere ich (ein missverständnis aus steinalten tunrstundenzeiten). (das t stört mich selber nicht. ich würde es aber auch stehen lassen als eine art innehalten, wie einen gedankenstrich vor der nächsten zeile.
lg wolo
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