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#1 |
Gast
Beiträge: n/a
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Rosenblütenlippen, zarte
Küssen mich auf Stirn und Lid Samt und seidig. Neujahrskarte Ungelesen liegen blieb. In der Ferne kracht der letzte Silvesterabendabschiedsknall Grüßt das neue Jahr auf’s Beste Müde kommt ein Paar vom Ball. Kaffeeduft und Neujahrsklänge Konzertieren insgeheim Glänzt des Baumes Lichtermenge Läutet hell dies Jahr mit ein. Rosenblütenlippen, leise Wahrlich und wahrhaftig doch Küssen mich auf eine Weise Luftig, zart, wie jenseits noch. |
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#2 | |
Erfahrener Eiland-Dichter
Registriert seit: 15.03.2011
Ort: Stuttgart
Beiträge: 1.836
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Hallo, Sanssouci,
beim ersten Lesen gelang es mir nicht sofort, aber beim dritten Mal entstand bei mir ein deutliches "Bild". Ich sah ein LI, das vom LD am Neujahrsmorgen mit zärtlichen Küssen geweckt wird. Dann fügte sich die Geschichte auch zusammen, und entlockte mir ein Lächeln an der Stelle, an der die "Neujahrskarte" ungelesen liegenblieb. Ja, die kann auch am nächsten Tag noch gelesen werden. Dann stelle ich mir vor, dass das LI zum Fenster geht und hinausblickt. Am Neujahrsmorgen ist es ja oft so, dass es einige "Unverbesserliche" gibt, die dann noch hier und da einen Böller "knallen" lassen. Das LI ist, meines Erachtens, sicher auch durch die Art und Weise, wie er geweckt wurde, so gut gestimmt, dass dieser "Silvesterabendabschiedsknall" (übrigens eine tolle Wortschöpfung!) als der "beste (Morgen)Gruß empfunden wird. Dort sieht das LI auch ein Paar, das wohl lange gefeiert hat und jetzt erst müde vom Silvesterball nach Hause geht. Danach geht das LI (vielleicht?) ins Wohnzimmer, hört die "Neujahrsklänge" (evtl. auch Musik?) und das LD hat das Frühstück vorbereitet, Kaffeeduft zieht durch die Wohnung. Der Schmuck des Weihnachtsbaums glänzt im Licht. Besonders schön finde ich die letzte Strophe. Ja, die "Rosenblütenlippen" küssen erneut. Sie sind wahrlich und wahrhaftig "da", erscheinen aber doch so luftig und zart - "wie jenseits noch". Eine neue Liebe? Natürlich sind das nur meine Gedanken, ich kann mit meiner Interpretation auch "daneben liegen", allerdings finde ich die bei mir auftauchenden Assoziationen sehr schön. ![]() Ich möchte auch diese Stelle noch erwähnen: Zitat:
Formal sagt mir auch der vierhebige Trochäus mit den alternierenden Kadenzen zu. Gemeinsam mit Wortwahl und Aussage erzeugt er hier (für mich) eine Art "Unbeschwertheit", ja, fast "Heiterkeit". (Nicht im Sinne von lustig! Eher im Sinn von "froh".) Anmerken möchte ich auch, dass ich eigentlich in den allermeisten Fällen zu dem Gefühl der "Unvollständigkeit" tendiere, wenn eine nur teilweise Interpunktion vorhanden ist. Ich möchte das deshalb mitteilen, weil das hier nicht das Fall ist. Ich habe nicht die Empfindung, dass "etwas fehlt". Was dafür spricht, dass die Satzzeichen hier, ich kann es nicht "besser" ausdrücken, "richtig" platziert wurden. Also spreche ich dafür gerne ein Kompliment aus, dem begegne ich eher selten. Mir gefällt hier beides sehr gut: Inhalt und Form. ![]() Sehr gerne gelesen und kommentiert. Liebe Grüße Stimme ![]()
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#3 | |
nach vorn sehen und nicht
Registriert seit: 07.12.2011
Ort: Rathenow
Beiträge: 265
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Hallo Sanssouci,
Zitat:
Herzlichst Timo
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Nach vorn sehen und nicht zurück! |
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#4 |
Gast
Beiträge: n/a
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Ich fange mal von hinten an:
Hallo Timo! Freut mich, dass ich dich beeindrucken konnte. Danke für dein Vorbeischauen und dein Lob. Hallo Stimme! Du hast mich überrascht mit deinem langen, ausführlichen und lobenden Kommentar. Dafür danke ich dir herzlich. Du triffst mit vielen deiner Äußerungen den "Nagel auf den Kopf" - wie man so sagt. Das freut mich gleich ein zweites Mal. Meine Wortschöpfung "Silvesterabendabschiedsknall" finde ich auch sehr gelungen, zumal es in dieser Zeile keines weiteren Wortes bedarf. Zugeben muss ich allerdings, dass das Wort "Rosenblütenlippen" nicht von mir stammt. Es kam in einem Film vor, wobei ich heute nicht mehr sagen mag, in welchem, geschweige denn ich mich noch an den Inhalt erinnern kann. (Ich würde es heute vielleicht einem Franz Werfel zuordnen und dem nach seiner Novelle entstandenen Film "Eine blassblaue Frauenschrift".) Aber das Wort blieb mir in Erinnerung und es inspirierte mich zu diesem Gedicht. Es verleiht ihm eine besondete, außergewöhnliche Note, womit wir gleich auch bei der Musik wären und dem Konzertieren von Kaffeeduft und Neujahrsklängen (Fernseh-Neujahrskonzert). Alle Sinne werden angesprochen, das Riechen (Kaffeeduft), auch das Sehen (glänzt des Baumes Lichtermenge) und das Hören (läutet hell dies Jahr mit ein) und die Verstärkung durch die Verbindung von Sinneseindrücken (Hören-Sehen-Riechen). Die "Rosenblütenlippen" beschreiben das Fühlen, ein für mich sehr intensiver, ausdrucksstarker Sinn, wie auch das Schmecken. Deshalb kommen sie gleich zweimal vor: Am Anfang und am Ende des Gedichts. Danke noch einmal für dein Lob und deinen so ausführlichen Kommentar! Euch beiden sorgenfreie Grüße von Sanssouci |
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#5 |
Erfahrener Eiland-Dichter
Registriert seit: 24.08.2010
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Beiträge: 234
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Hallo Sanssocui,
das sind schöne Verse, die ich hier lese. Auch wenn Du zugibst, daß die Wortschöpfung "Rosenblütenlippen" nicht von Dir stammt. Dafür hattest Du den "Silvesterabendabschiedsklang in "Reserve" ![]() So ist es um uns bestellt. Da wir alle viel lesen, verankern sich manchmal Ausdrücke unbewußt. Du sagst, daß Dir dieses Wort aus irgendeinem Film in Erinnerung geblieben ist, obwohl Du den Titel nicht mehr nennen kannst. Ich verstehe es nur zu gut. Mir selbst ist beim Lesen ein "Hüfteschwingeschlendergang" eingefallen. Auch ich kann nicht mehr sagen, welchem Gedicht das entstammt und wer es geschrieben hat. Meiner Meinung nach gehört es in das Kabarett-Milieu der 30er-Jahre. Mit einer unbewußten Übernahme von anderswo sind wir nicht unbedingt gleich Plagiator, eben weil wir keine willkürliche Übernahme betreiben. Das ist der Unterschied zu anderen, die wissentlich schon ganze Textpassagen übernommen haben. Weil der Inhalt zudem stimmig ist, habe ich Dein Gedicht gern gelesen. Liebe Grüße Justin |
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#6 |
Gast
Beiträge: n/a
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Hallo Justin!
Danke für deinen Eintrag und dein Lob. "... das sind schöne Verse, die ich hier lese." "Weil der Inhalt zudem stimmig ist, habe ich Dein Gedicht gern gelesen." Ich hatte gar nicht mehr mit einer weiteren Antwort gerechnet. Umsomehr freut mich deine! Liebe Grüße zurück! Sanssouci |
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