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Der Tag beginnt mit Spaß Humor und Übermut

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Alt 04.01.2012, 13:00   #1
Stimme der Zeit
Erfahrener Eiland-Dichter
 
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Beiträge: 1.836
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Ich lese, wie bekannt, nicht nur auf Gedichte-Eiland. Es war mir ein dringendes Bedürfnis:


Das Klischee
– Synonyme: Der Dichter, die Dichterin, das Dichtende.

Vor ihm gibt's kein Entrinnen, keine Chance.
O je – da ist es wieder: Das Klischee!
Schon der Versuch, ihm auszuweichen, scheitert;
so manche folgen ihm, es scheint, in Trance?

Ja, nehmen wir als Beispiel mal den Dichter.
Zu ihm gehört zunächst die Egozentrik,
gefolgt von höchster Sensibilität,
er schreibt als Selbstbefindlichkeitsberichter

ganz zart von seinem allertiefsten Leiden,
das niemals jemand anderen so traf.
Er zählt sich nicht zu den „normalen“ Leuten
und außerdem ist er extrem bescheiden.

Doch echte Arroganz darf auch nicht fehlen,
er stellt gern fest: Da wird nicht widersprochen!
Ein wahrer Dichter liebt es paradox!
Die böse Welt will ihm die Größe stehlen,

Kritik muss er als Anmaßung verstehen,
sein Genius wird lediglich verkannt!
Im Harfenspiel auf Wolke Nummer Sieben,
bemüht, die Gunst der Musen zu erflehen,

verdichtet er den Schmerz in allen Herzen;
vor allem jedoch seinen, der ist göttlich.
Erhaben-edel ist stets sein Gemüt,
der dumme Leser, er beliebt zu scherzen,

hat dessen weise Botschaft nicht begriffen,
die schon im Fehlen eines Kommas liegt!
Ach, jammervoll harmt er sich durch die Verse,
auf Lebensfreude hat er längst gepfiffen.

Warum? Weil er nun mal ein Dichter ist,
den man mit Tragik, Pein und Qualen misst!
Er hörte irgendwann von dem Klischee –
und seither tut ihm alles furchtbar weh.

O je.
.
__________________
.

Im Forum findet sich in unserer "Eiland-Bibliothek" jetzt ein "Virtueller Schiller-Salon" mit einer Einladung zur "Offenen Tafel".

Dieser Salon entstammt einer Idee von unserem Forenmitglied Thomas, der sich über jeden Beitrag sehr freuen würde.


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Alt 04.01.2012, 13:35   #2
fee
asphaltwaldwesen
 
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ich ahne, liebe stimme,


was du in ungefähr so gelesen haben könntest. *giggle

besonders lachen musste ich bei
Zitat:
ganz zart von seinem allertiefsten Leiden,
das niemals jemand anderen so traf.
Er zählt sich nicht zu den „normalen“ Leuten
und außerdem ist er extrem bescheiden.
da seh ich förmlich den gesichtsausdruck des dichters dazu. ästhetisch bescheiden, demutsvoll und leidend für das volk.

das mit dem paradox ist auch eine meiner "liebsten" begründungen für irgendwelche ungereimtheiten des inhalts. hautpsache, der leser ist der dumme. viele kommen damit aber erstaunlich weit, find ich. und dann denk ich mir wieder: gönn ihnen doch ihr erfolgserlebnis. (solang sie nicht dich als dummie hinstellen )


sehr geschmunzelt und mitgefühlt. hach.

fee
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Alt 04.01.2012, 17:21   #3
Chavali
ADäquat
 
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Liebe Stimme,

wie punktgenau du die Empfindlichkeiten des dichtenden Volkes auf die Schippe genommen hast
Irgendwie sind wir ja alle mal davon betroffen - der eine mehr, der andere weniger.
Aber dass ein Dichter völlig emotionslos und pragmatisch dichtet - dann wär er für mich kein Dichter,
sondern ein Schreiber oder Herunterleierer...

Wir dichten und richten die Verse so her,
damit alle sehen, mein Herz ist so schwer;
und wer's nicht versteht, da bleiben wir stur -
wir dichten heute und morgen rund um die Uhr.



Natürlich ist es immer ärgerlich, wenn man sich alle Mühe gibt, um kleinere und größere Fehlerchen in Orthografie,
Grammatik und Interpunktion aufzuzeigen und das auch noch begründet und der Kandidat will partout nicht einsehen,
dass er was falsch gemacht hat....

Im Zweifelsfalle sollte man die Texte meiden, die einem Zahnschmerzen verursachen.


Gern gelesen, geschmunzelt und zustimmend genickt hat mit lieben Grüßen
Chavi
__________________
.
© auf alle meine Texte
Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

*
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Alt 04.01.2012, 19:51   #4
Stimme der Zeit
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Benutzerbild von Stimme der Zeit
 
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Liebe fee,

Zitat:
ich ahne, liebe stimme,


was du in ungefähr so gelesen haben könntest. *giggle
Ach, du kennst das auch? *ebenfalls giggle

Ich musste in der letzten Zeit diesbezüglich viel "verkraften". Es ist immer wieder erstaunlich. Oben: Ein Werk, bei dem Tragik, Liebeskummer und Weltschmerz aus jeder Zeile nur so triefen - und unten bei den Antworten auf Kommentare wird buchstäblich per "Holzhammer" verteidigt.

Zitat:
Zitat von fee:
besonders lachen musste ich bei
Zitat:
Zitat von Stimme der Zeit:
ganz zart von seinem allertiefsten Leiden,
das niemals jemand anderen so traf.
Er zählt sich nicht zu den „normalen“ Leuten
und außerdem ist er extrem bescheiden.
da seh ich förmlich den gesichtsausdruck des dichters dazu. ästhetisch bescheiden, demutsvoll und leidend für das volk.
In einem anderen Forum las ich in der Liebesrubrik Titel wie "Schmerzen aus Liebe", "Herz ach mein Herz" (u.v.m.); in der Trauerrubrik "Mein Schmerz, eine Ewigkeit" oder "Tränen fließen" (alle Titel sind geändert, aber die Aussage stimmt). Nur als wenige Beispiele. Dazu die "üblichen Namen" (auch nur leicht verändert): "Ichvermissedich<3", "LeidendesDing", "Seelenleiche" oder "Gestorbenes Herz" ...

Nein, nein. Den Inhalt erwähne ich nicht! Ich leide tapfer stellvertretend, das genügt.

Zitat:
das mit dem paradox ist auch eine meiner "liebsten" begründungen für irgendwelche ungereimtheiten des inhalts. hautpsache, der leser ist der dumme. viele kommen damit aber erstaunlich weit, find ich. und dann denk ich mir wieder: gönn ihnen doch ihr erfolgserlebnis. (solang sie nicht dich als dummie hinstellen )
Ja, immer wieder erstaunlich. Wenn ein Text irgendeines Sinns oder auch nur dem Anklang irgendeines Zusammenhangs entbehrt, ist er paradox. Oder künstlerisch frei. Oder der Leser ist dumm. (Doch - auch das war schon seitens des "hochsensiblen Dichters" zu lesen, ganz direkt und konkret.) Oder alles drei.

Hinzu kommt einfach, dass es dieses "Klischee" wirklich gibt. Samt der enthaltenen Widersprüche. Und es gibt immer wieder Forenschreiber, besonders auch Neulinge, die der Auffassung sind, dass sie sich unbedingt genau so verhalten und so schreiben müssen, um ein "echter" Dichter zu sein. Grundvoraussetzung!
Das Dichten ist Nebensache.

Aber wehe, jemand kritisiert irgendwas! Dann wird aus dem, wie du so schön schreibst, "bescheiden und demutsvoll Leidenden" plötzlich eine ganz erstaunliche "Kratzbürste", die jegliche Kritik nicht sonderlich mitfühlend einfach "abbürstet". *Staun*

Zitat:
sehr geschmunzelt und mitgefühlt. hach.
Danke. Das tut meiner tiefempfindenden, hochsensiblen Dichterseele so wohl! Besonders das "hach".

Witz beiseite: Danke für dein Lob und dein "Mitlachen".

Liebe Lachgrüße

Stimme

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Liebe Chavi,

Zitat:
wie punktgenau du die Empfindlichkeiten des dichtenden Volkes auf die Schippe genommen hast
Irgendwie sind wir ja alle mal davon betroffen - der eine mehr, der andere weniger.
Aber dass ein Dichter völlig emotionslos und pragmatisch dichtet - dann wär er für mich kein Dichter,
sondern ein Schreiber oder Herunterleierer...
du weißt doch, wie ich das meine. Ich habe doch überhaupt nichts gegen schön geschriebene, "ehrliche" traurige Gedichte. Die sind oft ganz wunderbar. Emotionslos und pragmatisch - natürlich nicht! Es geht mir nur um das "rechte Maß der Dinge". Ich meine, es gibt wirklich Machwerke, die so grenzenlos ins Absurde überzogen sind, dass es dem Leser tatsächlich Tränen in die Augen treibt - aber ganz sicher nicht aus Mitgefühl oder emotionaler Berührtheit ...

Deine traurigen Gedichte sind schön, und auch das Gedicht von Theodor Storm, das du im "Lieblingsgedichtefaden" eingestellt hast. Es gibt viele "gute" und gelungene Gedichte, die traurige Themen enthalten - und ich mag sie, wirklich. Aber um diese "wirklichen Gedichte" geht es mir ja gar nicht. Und auch nicht wirklich um "Dichter". Es geht darum, dass sich manche eine völlig absurde Vorstellung davon machen, was a) ein "Dichter" ist und b) ein trauriges Gedicht. Abgesehen davon, dass ich in jedem Werk dieser Sorte unbedingt auf "Herz und Schmerz" treffe, ist es so, als ob der krampfhafte Versuch unternommen wird, sowohl das eigene, "unbeschreiblich tragische Schicksal" als auch den gesamten "Schmerz der ganzen Welt" in jeden einzelnen Vers hineinzuquetschen.

Und es gibt außer den "Holzhammerverteidigern" auch noch die, die wie eine echte Mimose sofort die Blättchen einrollen und der Welt verkünden, wie grausam sie zu ihnen ist. Erfolgen dann keine entschuldigenden Streicheleinheiten (die werden erwartet!), dann sind sie außerordentlich verletzt und gekränkt (das zeigen sie dann auch), und schmollen, weil die Kommentatoren alle "doof" sind. Die Kommentatoren sind bloß neidisch, weil das Werk so toll ist. Und es gibt die, die dann in ihren Antworten gerne "weiterleiden", um ihre tiefe Tragik noch zu vertiefen.

Zitat:
Wir dichten und richten die Verse so her,
damit alle sehen, mein Herz ist so schwer;
und wer's nicht versteht, da bleiben wir stur -
wir dichten heute und morgen rund um die Uhr.
*Lach* O ja, es ist dann auch häufig so, dass es dabei zu "Höchstleistungen" kommen kann - glaub es, der von mir einmal "gesehene" Rekord lag bei 12 Herzschmerz-Gedichten in einer Liebesrubrik. Auf einen Schlag gepostet! Und eines war wie das andere: Leid, Schmerz, Tragik, Not, gebrochenes Herz. Ich glaubte es fast nicht ...

Dein Antwortgedicht ist spitze, vielen Dank!

Zitat:
Natürlich ist es immer ärgerlich, wenn man sich alle Mühe gibt, um kleinere und größere Fehlerchen in Orthografie,
Grammatik und Interpunktion aufzuzeigen und das auch noch begründet und der Kandidat will partout nicht einsehen,
dass er was falsch gemacht hat....
Ach, man gewöhnt sich ja fast an alles. Aber es ist trotzdem ärgerlich, stimmt. Schließlich heißt das ja, dass gelesen wurde und auch, dass man "helfen" möchte. Ich jedenfalls meine es immer gut, allen Ernstes. Aber ich lese häufig, wie alles "abgeschmettert" wird, da natürlich nur die Art und Weise, wie der Verfasser es machte, die "richtige" sein kann - wie anmaßend, wenn da jemand daherkommt und sagt: Da fehlt ein Komma ... Ja, bescheiden, tiefempfindend, sensibel, leidend und arrogant sowie wohlklingend Harfe spielend. Da passt "verkannter Genius" prima dazu.

Zitat:
Im Zweifelsfalle sollte man die Texte meiden, die einem Zahnschmerzen verursachen.
Oh, seit ich hier bin, ist es viel besser. Als ich noch "woanders" war, da bekam ich selbst als Anfängerin öfter mal Zahnschmerzen - und das will ja was heißen.

Zitat:
Gern gelesen, geschmunzelt und zustimmend genickt hat mit lieben Grüßen
Chavi
Vielen, lieben Dank!

Liebe Grüße

Stimme
__________________
.

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Geändert von Stimme der Zeit (04.01.2012 um 19:54 Uhr)
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