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Denkerklause Philosophisches und Nachdenkliches

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Alt 10.01.2012, 14:08   #1
fee
asphaltwaldwesen
 
Registriert seit: 31.03.2009
Ort: österreich
Beiträge: 961
Standard Durchtauchter Strom

Geh ich spaziern in deinen Zeilen, so ist's, als wärn sie mir ein Bach,
auch Fluss vielleicht, dran zu verweilen, der breitet mir sein Ufer flach.
Der lädt mich ein, entlangzuwandern, die müden Knöchel mir zu kühlen,
mich innehaltend frisch zu fühlen, und dir zu folgen in Mäandern,
die du der Landschaft eingegraben -

des Kalligraphen Pinselspuren.
So zeichnen sie auf grünen Fluren mir Bildnis, mich daran zu laben.
Glatt spür ich Kiesel unter Sohlen, von dir beschliffen, groß und rund.
Hab mir im Drübergehn befohlen, sie nicht zu sehn nur als den Grund,
den zu beschreiten sie mich locken, mit sonnenstrahlgefangner Wärme
zum Flimmertanz der Mückenschwärme.

Nein - manchmal will ich niederhocken,
will mit den Händen sie begreifen, mit Fingerspitzen tiefer tasten
nach dem im Wort noch nicht Erfassten. Und langsam seh ich etwas reifen,
das sich nicht zeigt über den Wellen, das sich entzieht dem Sonnenlicht:
Dich, Wassergeist, dich sieht man nicht, forscht man nicht tiefer nach den Quellen.



.fee, ´12

Geändert von fee (10.01.2012 um 15:40 Uhr)
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Alt 10.01.2012, 16:30   #2
Chavali
ADäquat
 
Benutzerbild von Chavali
 
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Mitteldeutschland
Beiträge: 13.004
Standard

Liebe fee,

das ist eine toller Text, eine tolle Dichtung!
Wie bei den alten Meistern!
Ein wunderbar fließendes Reimschema, das aber erst durch eine Verkürzung
der Zeilen so richtig herauskommen würde...

Zitat:
Geh ich spaziern in deinen Zeilen, so ist's, als wärn sie mir ein Bach,
auch Fluss vielleicht, dran zu verweilen, der breitet mir sein Ufer flach.
Der lädt mich ein, entlangzuwandern, die müden Knöchel mir zu kühlen,
mich innehaltend frisch zu fühlen, und dir zu folgen in Mäandern,
die du der Landschaft eingegraben -
...denn bei der Form habe ich ein kleines Problem:
Mir sind die Zeilen zu lang. Die Zäsuren, die durch die Zeilenverkürzung entstehen,
lassen das Gedicht langsamer fließen, was dem nachdenklichen Inhalt gut bekommt.
Es wirkt wie eine Ballade - oder es ist eine Ballade.
So wie mein Beispiel hier:

Geh ich spaziern in deinen Zeilen,
so ist's, als wärn sie mir ein Bach,
auch Fluss vielleicht, dran zu verweilen,
der breitet mir sein Ufer flach.
Der lädt mich ein, entlangzuwandern,
die müden Knöchel mir zu kühlen,
mich innehaltend frisch zu fühlen,
und dir zu folgen in Mäandern,
die du der Landschaft eingegraben -

usw.usf.


So ganz sicher bin mir nicht bei der Deutung des Inhaltes:
Bedichtest du hier die intensive Wirkung einer wunderbaren Dichtung eines fremden Dichters?
So jedenfalls lese ich dein herausragendes Gedicht, liebe fee.

Ich komme noch öfter wieder, um in diesen Zeilen zu verweilen.

Hochlobende Grüße,
Chavali


__________________
.
© auf alle meine Texte
Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

*

Geändert von Chavali (10.01.2012 um 16:35 Uhr) Grund: Satz eingefügt
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Alt 10.01.2012, 16:55   #3
a.c.larin
Erfahrener Eiland-Dichter
 
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Beiträge: 4.893
Standard

hallo fee,
ganz ehrlich: jetzt hats du mich überrascht!
das ist im stil doch anders als vieles, das ich von dir kenne.

aber ein schmuckstückchen ists auf jeden fall.
mich stören die langen zeilen nicht.
ich lese sie so, dass dir das geschriebene wort eines anderen dichters innere bilder eröffnet, in denen du nun lustwandelst.
und wir mit dir!

der "wassergeist" ist wohl der von dir verehrte dichter, der sich hinter wortschwall und redeflut gut zu verstecken weiß?
aber du scheinst ihn ja trotzdem zu erkennen, dahinter, "unter den wellen".....

wie heißt denn nun eigentlich dieses schöne gedicht?
"unter den wellen" oder "durchtauchter strom"?
und: wie hast du es geschafft, es zweinamig einzustellen?
das muss wohl auch der wassergeist gewesen sein....

hingerissen und verzaubert,
larin
__________________
Cogito dichto sum - ich dichte, also bin ich!
a.c.larin ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 10.01.2012, 18:30   #4
fee
asphaltwaldwesen
 
Registriert seit: 31.03.2009
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hallo, ihr beiden, chavali und larin,


ich hab mich - ehrlich gesagt - mit diesem gedicht selbst überrascht.
das lob freut mich wirklich sehr, liebe chavali! bei worten wie "tolle dichtung" und "herausragend" hüpft mir das dichterherz in der feen-brust. aber echt!


ich möchte damit ausdrücken, dass in jedem gedicht - egal von wem es ist - eine tiefere ebene steckt. eigentlich sogar zwei - zusätzlich zur ebene an der oberfläche mit ihren metaphern, ihrer form und ihrem klang -, wenn mans genau nimmt: die eine, die den autor selbst "darstellt" - durch dessen wortwahl, die wahl seiner gedanken und bilder, die wahl und darstellung des inhaltes an sich.
die zweite die, die texte oft erst komplett entschlüsselbar macht, wenn man das gesamte werk des autors halbwegs kennt vom wesen her. also eine entwicklung darin ablesen kann. wohin hat er sich bewegt in seinen gedanken? wohin in seinen formulierungen? was verwendet er immer noch gerne so wie zu beginn? wo hat er etwas neues gewagt? wo behält er grund-themen bei? usw. usf.

ich kann jedes gedicht, das halbwegs mit herzblut und ernsthaftigkeit geschrieben ist, so lesen. und damit tiefer schürfen, also den "wassergeist" - also den autor selbst in seinem ihm eigenen wesen - besser erfassen, wenn ich vergleichen kann und nicht nur zwischen den zeilen lese, sondern auch bis hin zu den quellen (=ursprüngen) und sozusagen zwischen den gedichten.


dir danke, liebe larin, für das "schmuckstückchen", das "hingerissen" und noch ein "verzaubert" obendrauf..... die langen zeilen sind bewusst so gewählt, denn natürlich ist es von der grundstruktur so, wie du, chavali, es vorführst. doch da wäre mir das reimschema zu dominant vor dem inhalt. und ich wollte mal was neues ausprobieren. auch, weil ja nicht alle ursprünglichen strophen exakt dasselbe reimschema aufweisen. also hab ich ein wenig mehr gewicht auf den binnenreim gelegt. etwas, das ich sehr schön finde, wenn eben der inhalt noch vor der sprachmelodie wahrgenommen werden soll.

das mit dem doppelten titel möcht ich als feen-geheimnis für mich behalten. *giggle.

nein, eh nicht! - wenn man in den editier-optionen unten auf "erweitert" klickt, kann man auch den titel ändern. allerdings bleibt er in der foren-struktur mit dem alten titel erhalten. ist auch logisch und gut so - sonst fände niemand mehr irgendwas im forum...


"durchtauchter strom" fiel mir mit typischer feen-zeitverzögerung ein. gefiele mir persönlich besser als "unter den wellen". der war eher so ein verlegenheits-arbeits-titel. ich gebs zu.

schön jedenfalls, dass euch mein gedicht so zusagt und beschäftigt. das freut mich ganz riesig. danke!


liebe grüße an euch zwei!

eure fee

Geändert von fee (10.01.2012 um 18:34 Uhr)
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Alt 10.01.2012, 19:31   #5
Stimme der Zeit
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Standard

Liebe fee,

das ist ein wunderbares Gedicht, mein voller Ernst. Auf mich persönlich wirkt die Struktur wie "Brandungswellen", so, als ob eine Welle nach der anderen ans Ufer rollt. Ich fand im Web einen Link mit einem kleinen, kurzen Video, das zumindest ungefähr mit meinem Vorstellungsbild "übereinstimmt": ht tp://w w w.fotosearch.de/CSV005/k3962601/ - (bitte die Leerzeichen entfernen).

Mir gefallen besonders die langen Verse. Gerade aufgrund der "Zweiteilung" bzw. "Zusammenfügung". Außerdem ergibt sich so ein "wellenförmiges Versmaß", das ich einen achthebigen Jambus mit einem daktylischen Versfuß in der Mitte nennen würde - das sorgt für eine starke Zäsur an diesen Stellen, was wiederum genau diese "Wellenwirkung" bei mir erzeugt.

Ich mache das eigentlich selten, aber da ist wirklich sehr, sehr schön und ganz hervorragend ausgearbeitet, deshalb möchte ich den Aufbau gerne einmal darstellen:

Zitat:
Geh ich spaziern in deinen Zeilen, so ist's, als wärn sie mir ein Bach, xXxXxXxXx/xXxXxXxX 8-m
auch Fluss vielleicht, dran zu verweilen, der breitet mir sein Ufer flach. xXxXxXxXx/xXxXxXxX 8-m
Der lädt mich ein, entlangzuwandern, die müden Knöchel mir zu kühlen, xXxXxXxXx/xXxXxXxXx8-w
mich innehaltend frisch zu fühlen, und dir zu folgen in Mäandern, xXxXxXxXx/xXxXxXxXx8-w
die du der Landschaft eingegraben - xXxXxXxXx/ 4-w

des Kalligraphen Pinselspuren. xXxXxXxXx/ 4-w
So zeichnen sie auf grünen Fluren mir Bildnis, mich daran zu laben. xXxXxXxXx/xXxXxXxXx8-w
Glatt spür ich Kiesel unter Sohlen, von dir beschliffen, groß und rund. xXxXxXxXx/xXxXxXxX 8-m
Hab mir im Drübergehn befohlen, sie nicht zu sehn nur als den Grund, xXxXxXxXX/xXxXxXxX 8-m
den zu beschreiten sie mich locken, mit sonnenstrahlgefangner Wärme xXxXxXxXx/xXxXxXxXx8-w
zum Flimmertanz der Mückenschwärme. xXxXxXxXX/ 4-w

Nein - manchmal will ich niederhocken, xXxXxXxXX/ 4-w
will mit den Händen sie begreifen, mit Fingerspitzen tiefer tasten xXxXxXxXx/xXxXxXxXx8-w
nach dem im Wort noch nicht Erfassten. Und langsam seh ich etwas reifen, xXxXxXxXx/xXxXxXxXx8-w
das sich nicht zeigt über den Wellen, das sich entzieht dem Sonnenlicht: xXxXXxxXx/xXxXxXxX 8-m - hier ist der einzige, kleine Betonungsfehler: Das Wort "über". Kein Vorschlag, nur als Anregung, denn "über" hat hier eine bestimmte Bedeutung, das macht es schwierig: das sich nicht zeigt auf diesen Wellen, ...
Dich, Wassergeist, dich sieht man nicht, forscht man nicht tiefer nach den Quellen. xXxXxXxX /xXxXxXxXX8-w
Bis auf das eine Wort ist es "makellos", und du verzeihst mir sicher, dass ich als "alte Gedichtetechnikerin" erst mal mein extradickes Lob für die "Form" äußern muss. Auch die "kleinen Wellen" der vierhebigen Verse sind a) schön und b) geben dem Reimschema noch etwas "Extra". Das durch diese Schreibweise entstandene Reimmuster ist sehr schön (für mich). Ich erkenne so darin Mitten-, In-, End-, vesrübergreifend Binnen- und sogar Zäsurreime, die etwas sehr Seltenes sind. (Ja, natürlich könnte man die Verse in vierhebigen Jamben untereinander setzen, das würde auch ein schönes Gedicht sein, aber hier schätze ich besonders das außergewöhnliche Reimmuster, das sich ergibt; und ich würde das vierhebige Gedicht mit einem kleinen Fluss oder Bach assoziieren, während ich hier eindeutig "Meeresbilder" empfange.) Ich weiß, dass im Gedicht von Fluss oder Bach die Rede ist, aber ich assoziiere die "Melodie", die mich zum "Mitsummen" verleitert, eher mit einem Meer (ganz persönlich).
Und dafür auch ein Lob: Es hat eine Melodie! Gleich im 2. Vers hatte ich sie "gefunden". Es ist diese Melodie, die mich ein ruhiges, glattes Meer sehen lässt und kleine Brandungswellen, die an ein Ufer spülen. Noch dazu: Hier "mäandern" nicht nur die Reime durch die Zeilen, sondern auch die Kadenzen.

Ich gebe zu, dass ich dieser Vorstellung gerne "erliege", denn ich bin eine "Meeresliebhaberin" ...

Genug von der "Form" geschwärmt. Den Inhalt habe ich nicht vergessen, auf keinen Fall, denn auch dieser ist ausgesprochen schön!

Der Inhalt lässt mich ein LI sehen, das am Ufer eines Flusses (oder Baches) entlangwandert. Für mich ist in den Zeilen "Sommer", denn das Wasser wirkt einladend, sich die vom Gehen "müden Knöchel" zu kühlen (gefällt mir, dass du hier nicht "Füße" schreibst, ich finde die Wahl gut, es ist mal etwas "anderes"). Das LI macht eine Pause, und folgt mit den Augen den Windungen den Flusses. Sehr schön, das mit den "Pinselstrichen eines Kalligraphen" zu vergleichen! Bei mir "wechselt" das innere Bild, und zeigt mir die Kalligraphie eines Flusses (für einen Moment).

Und es ist eindeutig ein "naturbelassener" Fluss oder Bach, denn er mäandert und hier finde ich die "grünen Fluren" - das lässt mich Gras, Bäume und Sträucher sehen. Danach kommt das Vorstellungsbild eines "Kieselstreifens" am Fluss-/Bachrand dazu. Während das LI weitergeht, sieht es die Kiesel nicht nur als "Gehuntergrund", sondern "entdeckt" (es "befiehlt sich", interessant) darin auch "etwas". Dabei sehe ich das LI einzelne, große Kiesel aufheben und in die Hand nehmen, um sie näher zu betrachten - vielleicht aufgrund besonderer Farben oder Formen. (Ob man es glaubt oder nicht, ich spüre "Sonnenwärme" auf den imaginierten Kieselsteinen.)

Am Ende folgt der "Grund", warum dieses Gedicht, das auch viel Naturbeschreibung enthält, in der Denkerklause steht. Das "Ganze", der Fluss/Bach, das Ufer, die grüne Natur, die Kiesel - all das ist "mehr". Was nun der "Wassergeist" ist (und das gefällt mir ebenfalls!), das bleibt dem Leser überlassen, denn die Interpretationsmöglichkeiten sind vielfältig. Daher führe ich nur die erste an, die ich hatte, als Beispiel: "Hinter" bzw., um dem Titel zu folgen, "unter" dem, was zu sehen ist, ist viel mehr, als sich nur durch "Sehen" zeigt, auch wenn das Gesehene schön ist. Für mich ist der "Wassergeist" gewissermaßen der "lebendige Geist der Natur" und der (tieferen, nicht sichtbaren) Schönheit, die "unter der Oberfläche" liegt. Um das zu "finden", muss man danach "forschen".

Liebe fee - das ist wirklich ein wunderbares Gedicht, dir ist etwas ganz Besonderes gelungen! Wenn doch die olle Technikerin namens Stimme ins Schwärmen gerät ...

Mit seltenem Hochgenuss gelesen.

Liebe Grüße

Stimme
__________________
.

Im Forum findet sich in unserer "Eiland-Bibliothek" jetzt ein "Virtueller Schiller-Salon" mit einer Einladung zur "Offenen Tafel".

Dieser Salon entstammt einer Idee von unserem Forenmitglied Thomas, der sich über jeden Beitrag sehr freuen würde.



Geändert von Stimme der Zeit (10.01.2012 um 19:33 Uhr) Grund: Tippfehler.
Stimme der Zeit ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 10.01.2012, 20:40   #6
fee
asphaltwaldwesen
 
Registriert seit: 31.03.2009
Ort: österreich
Beiträge: 961
Standard

liebe stimme,

dein lob und die aufschlussreiche analyse des gedichtes freuen mich riesig!
ich bin nur heut schon etwas langsam im schauen und denken (ich korrigiere grade ungefähr jedes zweite wort wegen vertipperitis), möchte daher erst so richtig antworten auf deine ausführungen, wenn ich wieder "fit" bin. (was ich hoffe, morgen vormittag so hinzubekommen. )

auf jeden fall wollte ich jetzt schon meinen herzlichsten dank für deinen bomben-kommentar an dich loswerden!!!


dickes feen-bussi!


nachreichung wie versprochen (dazueditiert):

liebe stimme,

du schreibst:

Zitat:
Auf mich persönlich wirkt die Struktur wie "Brandungswellen"
und das macht mich mehr als glücklich, denn das war tatsächlich die intention dahinter.

Zitat:
Das durch diese Schreibweise entstandene Reimmuster ist sehr schön (für mich). Ich erkenne so darin Mitten-, In-, End-, vesrübergreifend Binnen- und sogar Zäsurreime, die etwas sehr Seltenes sind.
zäsurreime musste ich als begriff erstmal googeln - aber ja: die sind da. und waren auch absicht.
ich wollte durch diese setzung das gewicht von den endreimen nehmen, die mir zu stark über den inhalt dominiert hätten, würde ich das gedicht als vierheber setzen. ich hab mit der form lange gespielt, bis ich fand, dass sie den inhalt zufriedenstellend mit-trägt. bin da allerdings in erster linie meinem bauchgefühl gefolgt (muss ich auch, da ich die fachtermini nicht so aus dem ff parat habe wie du und auch nicht so gezielt per stilmittel planen kann, was ich heute wie ausdrücke ).

jetzt weiß ich also, dass ich
Zitat:
einen achthebigen Jambus mit einem daktylischen Versfuß in der Mitte
geschrieben habe. *giggle. ich fürchte, ich muss das auswendig lernen... ich finde jedenfalls immer toll, was ich alles durch deine kommentare und analysen lernen kann. danke dafür. nicht, dass ich mir nicht vieles gezielt überlegt hätte - ich habe nur die namen dazu nicht dermaßen intus.

Zitat:
Während das LI weitergeht, sieht es die Kiesel nicht nur als "Gehuntergrund", sondern "entdeckt" (es "befiehlt sich", interessant) darin auch "etwas".

es "befiehlt sich" deshalb genauer hin- oder nachzusehen, weil es für "achtsamkeit" dieser art ein gewisses maß an disziplin braucht aus meiner erfahrung. du musst dir die zeit nehmen und du musst wirklich tiefer tauchen wollen, willst du die sicherheit haben, nichts von dem zu übersehen, das anteil hat an dem, was sich dir zeigt. du musst dich über hintergründe informieren, soweit möglich. weißt du über einen flusskiesel, woraus er beschaffen ist, kannst du bei seiner betrachtung etwas über die geschichte seiner herkunft lesen. nicht nur das farbenspiel und die form und die haptische qualität bewundern. es ist sozusagen "noch eine geschichte" da.

den wassergeist kann man natürlich auch so lesen wie du - als inbegriff für die natur aller dinge. und für die natur der natur an sich.
lese ich ihn in bezug auf das gedicht, das der fluss/bach versinnbildlicht, ist der wassergeist derjenige, der "beseelt". die quelle dessen, was ich hier sehe. und der richtungsweiser, der formgeber, der, den ich im wellengeplätscher murmeln oder rauschen höre. er ist "hinter" dem naturbild - so, wie du auch ganz richtig meintest. man findet ihn nur, wenn man mit allen sinnen und allem wissen, das man zur verfügung hat, unter die oberfläche taucht.

im kunststudium hab ich gelernt, dass man (wissenschaftlich ernsthafte) kunstbetrachtung nie betreiben kann oder sollte, ohne sich auch infos über den künstler besorgt zu haben und andere werke von ihm zu kennen - um vergleiche ziehen zu können, die auf seine intention rückschlüsse bieten. ansonsten kann man nur die oberfläche sehen und die bewertung wird dann nur eine sehr persönliche sein können - die hälfte dessen, was das werk noch "erzählt", entgeht einem dabei.

das lässt sich m.E. auf alle kunst-sparten übertragen.
das hab ich versucht in worte zu fassen, ohne dabei ein wissenschaftliches lehrbuch zu schreiben.


deinen kommentar hab ich mir im geiste eingerahmt. besonders freut mich, dass das, was ich so aus dem bauch heraus "gefeilt" und hin- und hergeschoben habe, auch in deiner analyse als "gewollt" (und gelungen! juhuuu!) erkannt und nun fachbegrifflich festgehalten steht.


herzlicher gruß

deine fee

Geändert von fee (11.01.2012 um 10:22 Uhr)
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