29.04.2012, 10:58 | #1 |
Galapapa
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Sackgasse
Bleiern klebt die Leere an den müden Gliedern,
jeder Wille fließt mir aus der hohlen Hand. Was soll ich dem fremden Leben heut erwidern, wo ich weder Schlaf noch etwas Hoffnung fand? Festgekettet bleibt mein Dasein schweigend liegen mit der Zeit vergeht auch meine Existenz, von der eigenen Verachtung totgeschwiegen, tief verloren in der Seelendekadenz. Geh nur, lass mich Blässe sammeln hier im Schatten neben deinem Pulsschlag und dem Glanz des Lichts, im Vergessen die Vergangenheit bestatten, lass mich liegen auf dem leeren Weg ins Nichts. Geändert von Galapapa (01.05.2012 um 17:30 Uhr) |
29.04.2012, 14:49 | #2 | |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Hallo Galapapa,,
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© Bilder by ginton Ich fühle, also bin ich! Alles, was einmal war, ist immer noch, nur in einer anderen Form. (Hopi) nichts bleibt, nichts ist abgeschlossen und nichts ist perfekt... (Wabi-Sabi)
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01.05.2012, 09:43 | #3 |
Erfahrener Eiland-Dichter
Registriert seit: 14.03.2009
Ort: wien
Beiträge: 4.893
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hallo galapapa,
dein gedicht vermittelt sehr klar die zermürbung des Lyrichs! die stimmung ist düster und bleischwer - diese zeichnung ist dir gut gelungen. mich stört nur die eine stelle, die auch schon ginton bemerkt hat: der genitiv " in der seele dekadenz" klingt irgendwie unschön verknappt, so, als wärs eine inversion. ( im allgemeinen sprachgebrauch würde man wohl eher sagen: " in der dekadenz der seele".) metrisch passts aber dort ganz genau ( und der reim verlangts wohl auch. ) ich schlage daher einen kleinen trick vor: beide nomen mittels füll-n verbinden: in der Seelendekadenz. oder so: tief verlorn in eigner Seelendekadenz was meinst du? lg, larin
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Cogito dichto sum - ich dichte, also bin ich! |
01.05.2012, 17:30 | #4 |
Galapapa
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Hallo ginTon,
danke für Deine lobenden Worte und Deine Vorschläge! Für den Dekadenz-Genitiv habe ich von larin einen sehr guten Tipp bekommen, der sich auch metrisch einpasst. Die Formulierung "was soll ich dem fremden Leben heut erwidern..." ist bewusst so gewählt. Ich wollte damit ausdrücken, dass dem lyrischen Ich das Leben fremd geworden ist und es sich darin nicht mehr wiederfinden kann. In Deinem Vorschlag bezieht sich das Fremdsein nicht auf das Leben, sondern auf das lyrische Ich selber, im Sinne von "...was soll ich, dem Leben fremd, heute erwidern..." Danke fürs Kommentieren und herzliche Grüße an Dich! Galapapa Liebe larin, danke für Deinen Kommentar und Deine Vorschläge! Als des Genitivs Verehrer ob seiner poetischen Ausstrahlung werde ich immer wieder angegriffen und gepeinigt. Was kann ich denn für meiner Schwäche Auswirkungen? Nein, Quatsch, natürlich hast Du Recht und die bessere Lösung liegt so nahe, dass ich sie schon gar nicht mehr erkennen konnte. Man nennt das "Altersweitsichtigkeit". Ich bin des kleinen "n" gewissermaßen nicht gewahr geworden. Klar, wird sofort geändert. In Dankbarkeit sende ich Dir des Galapapas liebe Grüße! Galapapa |
08.05.2012, 22:34 | #5 |
Slawische Seele
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Inselstadt Ratzeburg
Beiträge: 5.637
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Lieber Galapapa,
du kennst meine Vorliebe für Düsteres und Traurigkeiten. Diese ist eine vom Feinsten - sowohl in Poesie als auch in treffender Aussage. Aber: Zum ersten Mal verging mir das "Suhlen" darin. Es ist zu real und unausweichlich. Ich lese es gern als gute Lyrik und bin zugleich froh, noch nicht diese Sackgasse angesteuert zu haben. Wohlwissend, dass sie einst der einzige unausweichliche Weg sein wird, drehe ich nun gern meine Runden auf Durchgangsstraßen. Ich möchte hier ein ganz großes Lob lassen und staune selbst über die Wirkung. Wir sind auf dem Weg ins Nichts und sollten es nicht zu unserem Ziel erklären. "Der Weg ist das Ziel." Liebe Grüße Dana
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Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben. (Frederike Frei) |
09.05.2012, 09:34 | #6 |
Galapapa
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Liebe Dana,
zunächst einmal lieben Dank für Dein Lob! Ob der Wirkung staune ich etwas und hoffe, Dir den "Spaß" am Gruseln nicht verdorben zu haben. Nun, das Ganze ist ja alles andere als ein Spaß. Allerdings sollte man diese Verse nicht zu sehr verallgemeinern, geht es doch hier um eine grausame Erkrankung, die ich in meinem Berufsleben recht nahe kennengelernt habe, die Depression. Der Hintergrund ist, dass ich nach einer Krise begonnen habe, meine Texte zu überarbeiten bzw. neu zu schreiben. Beim vorliegenden Gedicht handelt es sich um eine neue Version von "Kann nicht hassen, mich nicht freuen". Ich habe hier versucht, die Symptome dieser Erkrankung zu beschreiben, wobei ich mich gerne der Frage stelle, ob man so etwas in der Lyrik überhaupt tun sollte oder darf. Die Wirkung deutet mir aber schon an, dass das Verstehen der Krankheit auf dem Weg eines gewissen Mitfühlens sichlich tiefer greift, als die bloße Beschreibung in der Fachliteratur. Ich gebe zu, dass ich auf diesem Weg auch eine Möglichkeit sehe, meine eigenen Eindrücke und Erlebnisse zu dieser Seelenerkrankung zu verarbeiten, bin aber der Überzeugung, damit keinen Schaden anzurichten. Ein kleiner Lichtblick ist vielleicht: In der letzten Strophe kann man zwischen den Zeilen einen Hilferuf erkennen, der einem zumindest die Zuversicht gibt, helfen zu können. Herzlilche Grüße an Dich! Galapapa |
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