23.05.2012, 22:35 | #1 |
Galapapa
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Schwüle
Die Sonne will im Abendrot versinken,
noch klebt am Dämmerlicht der schwüle Tag, kein Lüftchen, das im Blattwerk spielen mag, aus dem die Holderblütendolden blinken. Die Luft liegt lauernd schwer im Frühlingsgarten, ein leises Grollen droht von Ferne her, der Amsel Abendlied erklingt nicht mehr und mit der Dunkelheit fällt banges Warten. Dann plötzlich neigt die Hecke sich nach Westen, die Gräser wogen wie von Geisterhand, es quellen Berge in der Wolkenwand, vom grellen Blitz erleuchtet zu Grotesken. Die ersten schweren Wassertropfen fallen auf trockenes und hitzewelkes Laub, es riecht nach Regenwurm und nassem Staub, dem grellen Blitz folgt dröhnend Donnerschallen. Aus Bäumen trieft der Labsal Prophezeiung, schon ist das Donnerrollen wieder schwach, mir ist, lausch ich dem Wetterleuchten nach, als hörte ich ein Seufzen der Befreiung. Geändert von Galapapa (26.05.2012 um 08:10 Uhr) |
23.05.2012, 23:09 | #2 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Beiträge: 4.893
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jaaaaaa, mir gehts heute genauso hier!
(wir dürften wohl die gleiche wetterlage haben?) wunderbar, wie du die vor-, zwischen- und nachgewittrige stimmung einfängst! da bleibt kein bild, kein wunsch offen! ich frag mich jetzt nur, wie regenwurm riecht...? allergernst gelesen, larin
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Cogito dichto sum - ich dichte, also bin ich! |
23.05.2012, 23:20 | #3 |
Galapapa
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Liebe larin,
danke für Dein Lob! Wenn's lange heiß war oder schwül und alles ist trocken und dann kommt ein Regen und alles ist voller Regenwürmer, dann geh raus und schnuppere. Weil dann immer so viele Regenwürmer aus dem Untergrund herauskommen, dachte ich auch stets, dass dieser ganz typische Geruch auch etwas mit den Würmern zu tun hätte. Oder es kommt daher: Vor langer Zeit ging ich mit meiner späteren ersten Frau nach einem Regen in den Garten und ich hab nie vergessen, was sie zu mir gesagt hat: "Riech mal, Schatz, es riecht nach Regenwürmern..." So haben die Regenwürmer einen besonderen Platz in meinem Herzen bekommen. Dir ist warm? Wie wär's denn jetzt mit einem Halonennebeleis? Ich grüße Dich herzlich? Galapapa |
24.05.2012, 01:14 | #4 |
TENEBRAE
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Beiträge: 8.570
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Hi, Charly!
Sehr schön! Die umfassenden Reime verdichten die Stimmung zusätzlich. Besonders die Conclusio ist sprachlich sehr gelungen und elegant formuliert. Auch hier war es die letzten Tage fürchterlich drückend und schwül, vor allem in der Stadt! Da kann ich deine Zeilen so richtig nachempfinden und mitfühlen! Winzigkeit: S1Z2 - "klebt am Dämmerlicht..." So erscheint es mir "griffiger" und bildlich leichter nachvollziehbar. Sehr gern gelesen! LG, eKy
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit. |
24.05.2012, 08:08 | #5 |
Galapapa
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Hallo Erich,
danke für Dein Lob! Ich schätze es wie eh und je. Die kleine Änderung habe ich gemacht, danke! Klingt besser, das stimmt und vermeidet auch eine Doppelung von im im ersten und zweiten Vers. Hier im Schwarzwald soll's Freitag mit trockener Luft besser werden. Ich schieb sie Dir rüber. Herzlichen Gruß! Galapapa |
26.05.2012, 00:30 | #6 |
Slawische Seele
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Ort: Inselstadt Ratzeburg
Beiträge: 5.637
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Lieber Galapapa,
wie gern wäre ich samt Garten in deiner Wetterzone. Dein Gedicht habe ich unendlich genossen und befand mich beinahe mitten im Gewitter. Mit wunderbaren Bildern und lyrisch ausgeklügelter Sprache führst du den Leser von der Schwüle bis hin zur Befreiung. So fühlt sich ein gelebtes Gewitter wirklich an. Ganz besonders hat es mir die dritte Strophe angetan. Den Regenwurmduft kenne ich! (Aber riecht er oder es nach Regenwurm? Schau mal.) Ein wunderschönes Gedicht. Liebe Grüße Dana
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Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben. (Frederike Frei) |
26.05.2012, 16:22 | #7 |
Galapapa
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Liebe Dana,
über Dein Lob hab ich mich sehr gefreut, vielen Dank! Ja, der Nordschwarzwald ist nicht trypischerweise so früh sommerlich wie dieses Jahr. Ich genieße das natürlich außerordentlich. Das Gewitter, das mich zu diesem Text angeregt hat, fand gegen Mitternacht statt. In meinem Wintergarten konnte ich es ganz intensiv genießen und den Regen auf mich herabprasseln lassen, ohne nass zu werden. Im Programm waren riesige und enorm lange Blitze und mächtige Donnerschläge, die das ganz Haus erzittern ließen. Von meinen Katzen habe ich dabei keine gesehen. Vielen Dank auch für Deinen Hinweis mit dem Schreibfehler! Da ich aufgrund meines sich verschlimmernden Augenfehlers viele Worte mehr unbewusst errate als lese weil ich sie einfach nicht ganz sehe, bin ich für solche Hinweise auch besonders dankbar. Ohne Dich neidisch machen zu wollen: Das Wetter hier ist schon wieder hochsommerlich. Ich wünsche Dir ein mindestens ebenso schönes Pfingsten wie es hier angesagt ist und grüße Dich ganz herzlich! Galapapa |
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