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Denkerklause Philosophisches und Nachdenkliches

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Alt 02.11.2012, 12:18   #1
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Standard Jugendfreund

Bevor mein blanker Wille uns entzweite,
Roch mir die starke Freundeshand so gut,
Und ich erlaubte mir, sie fest zu halten.
Des Lebens schriller Ruf ließ mich erkalten,
Entrissen war mir bald ihr warmes Blut,
Rief mich die Welt doch gar so jäh ins Weite.

Ins große Bunte bin ich hingegangen,
Mich dort zu finden und mein Glück zu fangen.

Glück aber ist ein unentschlossner Gast!
Ein wenig nur davon macht nicht zufrieden,
Im Übermaße sind wir arrogant.
So habe ich nach Jahren doch erkannt:
Treu bleibe einem Freund, der dir beschieden -
Erkenne früh genug, was du dran hast!
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.

Geändert von Erich Kykal (07.11.2012 um 22:35 Uhr)
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Alt 02.11.2012, 20:27   #2
Dana
Slawische Seele
 
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Lieber eKy,

wie wahr:

Zitat:
Zitat von Erich Kykal
Glück aber ist ein unentschlossner Gast!
Ein wenig nur davon macht nicht zufrieden,
Im Übermaße sind wir arrogant.
Ein wunderbares Gedicht und eine tiefe Philosophie.

Ich sehe Erkenntnis und Erfahrung sehr schön gegenüber gestellt.

Zunächst erfahren wir und sammeln Erfahrungen beinahe unbewusst. Fast wie ein Grundschüler, der gut lernt, weil er noch die kindliche "Neugier" in sich trägt. Die Neugier verleitet ihn zum Wollen, viel mehr wollen.
Die Umsetzung des Gelernten führt nicht automatisch zum Erkennen.
Erkenntnis ist eine Gabe der Zeit, des Alters. Im Trachten nach Glück, Größe und Ruhm sind wir blind für Erkenntnisse.
Nicht vergeblich heißt es: Lass der Jugend ihren Lauf.

Du beziehst dich im Gedicht auf einen Protagonisten, der für sich diese Erkenntnis gewonnen hat. In unserer Zeit und Kultur ist es nicht leicht, dieses als Rat an die Allgemeinheit oder Jugend zu richten. Ihnen fehlt die Erfahrung zur Erkenntnis. Sie wollen und können es nicht übernehmen.
Andere Völker aber machen es genau umgekehrt. Da sind die Alten die Weisen, deren Rat ernst genommen wird. Es bleibt dem Beobachter überlassen, ob und warum es richtig oder falsch ist.
Ein Thema, das gute Diskussionen ergeben kann.

Ich habe dein Gedicht dennoch richtig verstanden. Mir war nur danach, es als "Allgemein-Rat" zu diskutieren.
Für mich selbst weiß ich sehr wohl, dass es genau so ist. Ich berufe mich aber darauf, dass es nie zu spät ist zu erkennen, was dran ist.

Wie man es auch bespricht und kommentiert - es geht um ein gutes, nachdenkliches und bleibendes Gedicht - du Großer.

Liebe Grüße
Dana
__________________
Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
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Alt 03.11.2012, 11:47   #3
Erich Kykal
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Hi, Dana!

War ein wenig knifflig, das Akrostichon hier so gut zu verstecken, dass es nicht auffällt. Oft genug kennt man dem Text derlei an...

Danke dür den "Großen", aber ich bin bloß 1.73!

Die "Alten" waren auch bei uns in den alten Stammes- und Clanstrukturen die weisen Ratgeber. Das blieb so bis ins Spätmittelalter. Dann aber begann sich die Welt der Menschen zu rasch zu verändern. Der Fortschritt schuf so schnell neue Gegebenheiten, dass die Erfahrungen der Alten oft nicht mehr dazupassten. Ob Umwelt oder soziale Werte - das "Gebrabbel" der Alten wurde eher lästig, weil augenscheinlich weltfern und überkommen. Daher werden sie heute in Sterbeburgen weggesperrt, wenn sie zur Last werden. Man nennt sie Altersheime...

LG, eKy
__________________
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Alt 04.11.2012, 17:30   #4
Chavali
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Hallo eKy,

BRUDER IM GEISTE - nicht ganz einfach, daraus ein Akrostichon zu basteln.
Mir kommt der Text diesmal ein wenig mit erhobenem Zeigefinger vor, was sicher auch beabsichtigt ist.
Gelungen ist das Gedicht aber allemal, denn es zeigt sehr anschaulich den Verlust des Freundes aus Besserwisserei
oder der Freundschaft, wenn man diese nicht zu würdigen weiß.
Zitat:
bunte Dasein
Diese Stelle gefällt mir nicht so gut.
Ins Bunte Dasein hört sich gekünstelt an, gequält.
Da findet sich sicher noch etwas anderes, um das eigene Leben zu beschreiben,
z.B.
ins weite Leben bin ich hingegangen
xXxXxXxXxXx

oder
bin meinen eignen Lebensweg gegangen
xXxXxXxxXx




Lieben Gruß,
Chavali
__________________
.
© auf alle meine Texte
Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

*
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Alt 04.11.2012, 19:42   #5
Erich Kykal
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Hi, Chavi!

Danke für den Hinweis! Ich hatte "Leben" schon in S1 verwendet und wollte mich nicht wiederholen - aber du hast recht...es klingt nicht.

Ich hoffe, mit meiner Änderung kannst du dich anfreunden!
Vielen Dank für deine netten Worte!

LG, eKy
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Alt 07.11.2012, 21:42   #6
Falderwald
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Servus Erich,

ich schließe mich den Lobeshymnen an, das ist ein sehr tiefgreifender und resümierender Text.

Das ganze zu einem Akrostichon zu machen (ich hätte es wahrscheinlich auch wieder nicht erkannt), ist noch einer zusätzlich lobenden Erwähnung wert.

Leider kommt die Einsicht dem Protagonisten wohl zu spät, denn es spricht die Aussichtslosigkeit einer vertanen Chance aus seinen Gedanken.
Manche Dinge sind eben unwiederbringbar, wie eben eine verlorene einst gute, enge und vertraute Freundschaft.

Ich kenne das sehr gut und da gibt es auch noch einen alten Freund, mit dem ich gerne noch einmal reden würde.

Vielleicht ist das Stoff für einen neuen Text?

Der Text ist wirklich schön, aber ich möchte trotzdem zwei kleine Anmerkungen zur ersten Strophe da lassen:

Dort verwendest zu zwei Mal das Adjektiv "warm".
Ich finde, du könntest eines davon bei der Freundeshand ersetzen, das andere brauchst du ja fürs Erkalten.
Und in der ersten Zeile stoße ich mich etwas am Begriff "nackter Wille".
Nicht daß ich prüde wäre, aber hier geht es um Freunde und ich fände dort "purer Wille" angebrachter.
Das lässt zudem Spielraum für das auszuwählende Adjektiv zur Freundeshand.

Ansonsten ist alles makellos...


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald
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Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



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Alt 07.11.2012, 22:37   #7
Erich Kykal
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HI, Faldi!

Danke für das Lob und die Tipps. Habe dran gefeilt und eine eigene Lösung gefunden. Ich hoffe, sie findet deine Zustimmung.

LG, eKy
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Alt 11.11.2012, 19:13   #8
Falderwald
Lyrische Emotion
 
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Servus Erich,

ja, jetzt ist es rund.

Meine Vorschläge sollten eh nur Anregungen sein.

Die "starke" Freundeshand bedeutet noch eine zusätzliche Vertiefung dieser Beziehung in der entsprechenden Zeile..

Gefällt mir...


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald
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Alt 11.12.2012, 17:02   #9
Erich Kykal
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