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Finstere Nacht Trauer und Düsteres

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Alt 11.02.2017, 11:24   #1
Kokochanel
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Standard Nebel-Geheimnis

Habe mich nach Korrektur für folgende Endfassung entscheiden:

Nebel-Geheimnis

Es senkt der Nebel sich auf dürre Trauerweiden,

der Regen klopft an unterkühlte Fensterscheiben

in einer Nacht, da dunkle Träume bleiben,

und alle Wesen stiller in sich leiden.



Der Gnadenhimmel, dessen Sternkleid glanzlos liegt

wirft Feuchtigkeit durch grob verfugte Mauerspalten.

Noch als die Nebel vor dem Tore wallten,

hat sich das Kind in Sicherheit gewiegt.



Es dachte lebenslang, das müsste wohl so sein,

denn jene schmalen Schultern, die sich heut noch neigen,

belegten sie mit dem Gebot, zu schweigen.

Das Kind im Manne bleibt verstummt, allein.
________________


ursprüngliche Fassung:

Es senkt der Nebel sich auf Trauerweiden,
der Regen klopft an unterkühlte Fensterscheiben
in einer Nacht, da dunkle Träume bleiben,
und alle Wesen stille in sich leiden.

Der Himmel, dessen Sternkleid glanzlos liegt
wirft Feuchtigkeit in graue Mauerspalten.
Noch als die Nebel vor dem Tore wallten,
hat sich das Kind in Sicherheit gewiegt.

Es dachte lebenslang, das müsste wohl so sein,
denn auf die schmalen Schultern legten sie das Schweigen,
die sich darunter wie die Weiden neigen.
Ein jedes stumm, im Nebeldunst allein.

(Für A.)

Geändert von Kokochanel (18.02.2017 um 11:30 Uhr)
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Alt 11.02.2017, 12:24   #2
Erich Kykal
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Hi Koko!

Ein schönes, tiefgründiges Werk, bei dem dir Sprachfluss und Sprachbilder wichtiger scheinen als Heberzahlen. In diesem Falle bin ich sogar geneigt, dem zuzustimmen, soweit es die letzte Strophe betrifft. Ich werde dennoch Alternativen anbieten ... ich kann nicht anders.

Die überlange Zeile in S1Z2 könnte man leicht ins Maß zurückholen, indem man das "unterkühlte" durch "kalte" ersetzt.
Wusstest du übrigens, dass ich glaube mich erinnern zu können, genau diese Phrase "der Regen klopft an unterkühlte Fensterscheiben" selbst vor Jahren in einem Gedicht verwendet zu haben? Es kommt mir jedenfalls sehr bekannt vor.

Vorschlag für S1Z4 - Mach aus dem "stille" ein "stiller", das erspart die Verkürzung und wirkt zudem stärker, wie ich finde.

Der Wechsel des Kadenzenmusters zwischen der ersten Str. und den beiden folgenden (wwww - mwwm - mwwm) fällt auf, vor allem auch, weil die Phrase "Sternkleid glanzlos liegt" sprachmelodisch eher kantig daherkommt.

Die 2. überlange Zeile (S3Z1) ließe sich leicht wieder einfangen, wenn man das "lebenslang" durch "stets" ersetzt.
Die Folgezeile ist ebenfalls sechshebig. Eine passende Alternative wäre: "auf seine Schultern legten sie das Schweigen".

In S3Z3 stört mich der Zeitenwechsel, denn dort erwartet der Leser ein "neigten". Natürlich ist deine Version nicht unkorrekt, denn die in der Vergangenheit aufgeladene Belastung wirkt ja bis in die Gegenwart fort, aber man stutzt als Leser einfach erst mal, weil es sich nicht richtig "anhört".

In S3Z4 weiß ich nicht, was oder wer mit "ein jedes" gemeint sein könnte. Wären es die Schultern, müsste es "eine jede" heißen.
Das Kind kann nicht gemeint sein, denn das ist Singular, während "ein jedes" eindeutig Plural ist. Sind mehrere Kinder gemeint, so müsste dies irgendwo platziert werden, denn wenn zuvor im Gedicht immer nur vom "Kind" die Rede war, ist "ein jedes" für den Leser zu wenig, um dem Gedankengang zu folgen.

Klären ließe sich die Stelle so:

die sich darunter wie die Weiden neigen,
und jede stumm, im Nebeldunst allein.

Statt "jede" könnte man auch "beide" sagen, um den Bezug zu den Schultern zu bekräftigen.


Inhaltlich wird hier eine schwere Gewissenslast auf ein Kind geladen. Man denkt - sensibilisiert - sofort an Missbrauch, aber es kann vieles sein, was ein Kind be- oder überlastet. Die Lebenssituation der Eltern (Vater schlägt Mutter, das Kind soll darüber Stillschweigen bewahren), das Fehlen der Eltern (Das Kind hat keinen Ansprechpartner, es schweigt alles in sich hinein, weil sich niemand kümmert), das zu frühe Sich-kümmern-Müssen um kleinere Geschwister (zu früh aufgezwungene Reife und Lebensernst), oder es wurde Zeuge einer Gewalttat eines Nahestehenden und wurde inständig gebeten, darüber zu schweigen ... (das würde auch gut in den Nebel passen) - es gibt unzählige mögliche Szenarios, aber die sind in dem Gedicht eigentlich außen vor - es geht nur um den Mechanismus der Belastung, und was das für das Kind bedeutet, wenn es plötzlich, jäh, roh und unvermittelt aus der "heilen Welt" seiner Kindervorstellungen voller Urvertrauen und dem Glauben an den Sieg der Gerechtigkeit usw. (klare Schwarz-weiß-Trennung!) in die gedanken- und gewissenlose "nebulöse" Welt (Alles Graustufen!) der Wirklichkeit gestoßen wird!

Die meisten kennen solche Momente aus der eigenen Kindheit, mehr oder minder intensiv.


Sehr gern gelesen!

LG, eKy
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.

Geändert von Erich Kykal (11.02.2017 um 12:36 Uhr)
Erich Kykal ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 11.02.2017, 16:21   #3
Kokochanel
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Lieber Erich,


Ich rechne es dir hoch an, dass du so respektvoll mit diesem Gedicht umgehst. Es ist mir fast peinlich, was ich da für Böcke geschossen habe.
Aber man sollte eben grippig und nach 2 Tagen Babynachtdienst keine gehaltvollen Verse schreiben…
Aber besser mein Werk ist nicht perfekt als Töchterchens Prüfung…GGG Wir hatten den Kleinen nämlich hier, damit sie als allein erziehende Mutter in Ruhe schlafen konnte und gestern ihre Bachelor-Prüfung machen. Sie hat super bestanden! Stolz lächel.

Wie auch immer hast du natürlich recht.
Das Werk war offenbar nicht ausgefeilt.

Hochemotional zudem geschrieben aus dem Wunsch heraus, die Diskrepanz zwischen unserem hochgeliebten Enkel und der furchtbaren Kindheit meines Mannes darzustellen, konnte das ja nur „in die Hose gehen“. Wenn ich dann sehe, wie lieb er zu dem Kleinen ist, wo er selbst so schlimme Dinge erlebt hat. So war mir das Gedicht sehr wichtig.

Eigentlich hatte ich es so gedacht, dass die ersten beiden Zeilen immer 6-hebig und die anderen beiden 5 hebig sein sollten. Durch Änderungen beim „gewiegt“, wo ich zuvor „gewähnt“ hatte und keinen adäquaten Reim fand, habe ich gebastelt. Das merkt man und so kommen die falschen 5 Heber zustande.

Auch der Schluss ist verschwurbelt, mit den Bezügen. Meine Güte, so was Dilettantisches habe ich ja lange nicht abgeliefert – es ärgert mich.
Natürlich hältst du dich auf Grund meiner gewohnten Schreibqualität und der nachhaltigen Aussage, die du voll erfasst hast, kollegial zurück in deiner Kritik. Dafür an dieser Stelle meinen verschämten Dank.

Das Gedicht ist mir aber persönlich zu wichtig- Darum habe ich mich um Änderung bemüht:

Die grob verfugten Mauerspalten habe ich als Bild eingefügt, dass eben nichts nach außen dringen soll.

Deinen Vorschlag mit dem still-ER habe ich übernommen.

Die „unterkühlten“ Fensterscheiben ( kann mich an gleichlautende Zeilen bei dir nicht erinnern) war mir wichtig, weil die Mutter eben kühl zum Kind ist ( sie ist überhaupt unterkühlt, ich kenne sie ja auch), die Fenster aber nach außen immer schön sauber…. Es sollte ja bloß nichts von Kindesmisshandlung sichtbar sein nach außen.
Das Unterkühlte ist auch deswegen wichtig, weil es nicht nur um körperliche Gewalt geht, sondern auch um psychische Kälte.

Der Zeitenwechsel ist gewollt, um zu zeigen, dass das Kind, das heut ein Mann ist, immer noch so empfindet( die Nebel, die immer noch da sind). Ich hoffe, es wird nun in der Neufassung etwas klarer.

Die von mir gewollten 6er, 5er Hebungen habe ich auch korrigiert.

Es ist traurig zu sehen, wie schlecht es manchen Kindern im Elternhaus ging und wie sie dieses Leid in ihr Leben tragen, oder besser durch ihr Leben, gerade, wenn die Eltern versterben, ohne ihre Schuld zurückgenommen zu haben. Und dann gibt es wieder Kinder, zu denen ich auch gehörte, meine Tochter, unser Enkelchen, die sich so was gar nicht vorstellen können, weil sie von den Eltern nichts als überschwängliche Liebe kennen. Es macht mich traurig.

Danke für deinen netten und engagierten Kommentar. Vielleicht magst du meine Neufassung, wo ich komplett umgeschrieben habe im letzten Vers, noch einmal besenfen.

Nebel-Geheimnis

Es senkt der Nebel sich auf dürre Trauerweiden,
der Regen klopft an unterkühlte Fensterscheiben
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LG von Koko
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Alt 11.02.2017, 19:42   #4
Erich Kykal
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Hi Koko!

Du solltest nicht allzu viel Asche auf dein Haupt streuen - hätte ich das ursprüngliche Gedicht nicht für bereits gut befunden, hätte ich es nicht kommentiert.

Viel bleibt mir nicht mehr zu vermelden:

Du hast nun einen sich wiederholenden Hebungsrhythmus von 6-6-5-5, das liest sich überraschend gut.

Die Kadenzen sind nicht angeglichen, was aber auch nicht wesentlich ins Gewicht fällt. Bedenkt man den nötigen Aufwand für eine Angleichung, könnte man auch gleich ein neues Gedicht schreiben!

Die Zusammenhänge, gerade in S3, sind nun klarer und weniger kryptisch. Dennoch rate ich dir, zumindest den Titel dahingehend zu ändern (oder einen entsprechend erklärenden Untertitel beizufügen), dass er dem Leser hilft, die Stimmung der beiden ersten Strophen und die Konsequenz der letzten besser zu deuten, sodass man weiß, dass es um die Last eines Missbrauchs durch elterliche Gewalt geht.

Zudem rate ich dir, die mittlere Strophe ganz nach oben zu stellen, und zwar deshalb: Die jetzige S2 endet damit, dass das Kind sich (noch) in Sicherheit wiegt. S3 beginnt damit, dass das Kind lebenslang glaubt, "dass das so sein müsste". Gemeint ist natürlich die erlittene Gewalt, aber durch den Inhalt der Vorzeile bezieht der Leser es - und auch mir ging es so - auf das In-Sicherheit-Wiegen! Das verwirrt. Wechselst du die Strophen, steht in der Vorzeile nun: "und alle Wesen stiller in sich leiden." - Das passt genau auf das, wovon das Kind glaubte, es müsse wohl immer so sein.
Außerdem wäre die Strophe mit den abweichenden Kadenzen nun in der Gedichtmitte, was nun einen klaren Rhythmus in den Wechsel bringt.

Nähmest du meine Ratschläge an, sähe das Werk nun so aus:


Nebel-Geheimnis
(Das geprügelte Kind)

Der Gnadenhimmel, dessen Sternkleid glanzlos liegt
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Noch als die Nebel vor dem Tore wallten,
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Sehr gern - nun sogar ausgesprochen gern - erneut gelesen!

Du solltest die endgültige Version übrigens durchaus nach oben in deinen ersten Post stellen. Wenn du die Ursprungsversion nicht tilgen willst, so stelle die überarbeitete Version darunter, denn bei weitem nicht alle Besucher machen sich die Mühe, alle Beiträge in einem Faden zu lesen.


Als Lehrer stolpere ich immer wieder über Fälle geschlagener Kinder - es sind jene, die sich instinktiv wegducken, wenn man in ihrer Nähe plötzliche Bewegungen macht. Wenn keine eindeutigen Spuren zu erkennen sind, ist es nahezu unmöglich, die Mauer des Schweigens zu durchbrechen, denn das Kind liebt trotz allem seine Eltern und möchte ihnen nie bewusst schaden - oder es ist dermaßen eingeschüchtert, dass es sein Leid lieber in Kauf nimmt - oder, am schlimmsten, wie du schreibst: Dass es das als gegeben und selbstverständlich nimmt! (Bei mir war das so - aber das waren in den 60ern auch andere Zeiten!)

Als ich aufwuchs, war das noch kein Thema - ich bekam öfter mal schallende Ohrfeigen oder wurde mit dem Teppichklopfer vertrimmt. Ich erinnere mich, dass es weh tat, aber nicht so, dass ich hätte schreien müssen. Viel schlimmer war ohnehin die Demütigung so eines Übergriffs, der mir mein Ausgeliefertsein und meine kindliche Hilflosigkeit vor Augen führte. Natürlich nicht bewusst - aber das Kind spürt instinktiv die sozialen Mechanismen, denen es unterliegt.
Noch jahrezehntelang aber hielt ich meiner Mutter die einzige "Watschen" vor, die ich als Kind tatsächlich als ungerecht empfunden hatte, weil ich schon damals überzeugt gewesen war, sie nicht verdient zu haben! Ich hatte in der 2. Klasse Volksschule meine Lehrerin zu Fuß nach Hause begleitet, weil ich mich angetragen hatte, ihr eine Tasche mit Schulheften zu tragen. Dadurch (die Lehrerin war alt und nicht gut zu Fuß) kam ich erst 2 Stunden später als gewöhnlich nach Hause. Meine Mutter war schon weg, mich überall zu suchen - sie muss sich schreckliche Bilder ausgemalt haben, was mit mir hätte passiert sein können! Als sie heimkam und mich sah - gesund und wohlauf - war ihre erste Reaktion, auf mich zuzustürzen und (ja, ich dachte auch erst an eine Umarmung) mir unvermittelt eine zu scheuern, ehe sie vor Erleichterung weinte und schimpfte zugleich!
DAS habe ich ihr nie verziehen, denn aus meiner Sicht war ich nur nett und höflich zu meiner Lehrerin gewesen, nichts weiter. An die Sorgen meiner Mutter hatte ich nicht gedacht! Ich verstand anhand ihrer Tränen zwar rückwirkend ihre Lage, aber diese Ohrfeige hätte nicht sein müssen, bei aller nervlichen Anspannung! Ich glaube, ich ließ sie damals ausreichend büßen, indem ich sie tagelang schnitt und jegliche Zärtlichkeit und Nähe verweigerte. Ich war echt gekränkt - nur dieses eine Mal. Alles anderen Übergriffe betrachtete ich als Knabe als verdient für etwas, das ich zuvor ausgefressen hatte, sie hinterließen keine seelische Macke.


LG, eKy
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
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Geändert von Erich Kykal (14.02.2017 um 21:13 Uhr)
Erich Kykal ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 13.02.2017, 11:40   #5
juli
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Liebe Koko.

Du hast hier jemanden ein Gedicht gewidmet, der dir sehr am Herzen liegt. Ich kenne es von mir selber, wenn man für jemanden ein Gedicht schreibt, der einem Nah ist. Da sind Emotionen im Spiel, und das merkt man an der ersten Fassung. Mir gefällt diese am besten. Sie transportiert das „Alleine sein, inmitten einer Familie“. Das Thema wird einem das Leben begleiten.

Ich habe die drei Versionen für mich mal zusammengefasst, damit man den Überblick behält.

Ekys Gedicht ist auch sehr schön, aber da geht es ja um physische Gewalt. Dein Gedicht beschreibt die seelische Kälte, die ein Kind erlebt hat.

Sehr gerne gelesen, weil ich Bildergedichte mag.



Nebelgeheimnis I

Es senkt der Nebel sich auf Trauerweiden,
der Regen klopft an unterkühlte Fensterscheiben
in einer Nacht, da dunkle Träume bleiben,
und alle Wesen stille in sich leiden.

Der Himmel, dessen Sternkleid glanzlos liegt
wirft Feuchtigkeit in graue Mauerspalten.
Noch als die Nebel vor dem Tore wallten,
hat sich das Kind in Sicherheit gewiegt.

Es dachte lebenslang, das müsste wohl so sein,
denn auf die schmalen Schultern legten sie das Schweigen,
die sich darunter wie die Weiden neigen.
Ein jedes stumm, im Nebeldunst allein.

Nebel-Geheimnis II

Es senkt der Nebel sich auf dürre Trauerweiden,
der Regen klopft an unterkühlte Fensterscheiben
in einer Nacht, da dunkle Träume bleiben,
und alle Wesen stiller in sich leiden.

Der Gnadenhimmel, dessen Sternkleid glanzlos liegt
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Noch als die Nebel vor dem Tore wallten,
hat sich das Kind in Sicherheit gewiegt.

Es dachte lebenslang, das müsste wohl so sein,
denn jene schmalen Schultern, die sich heut noch neigen,
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Das Kind im Manne bleibt verstummt, allein.

Nebelgeheimnis eKy

(Das geprügelte Kind)

Der Gnadenhimmel, dessen Sternkleid glanzlos liegt
wirft Feuchtigkeit durch grob verfugte Mauerspalten.
Noch als die Nebel vor dem Tore wallten,
hat sich das Kind in Sicherheit gewiegt.

Es senkt der Nebel sich auf dürre Trauerweiden,
der Regen klopft an unterkühlte Fensterscheiben
in einer Nacht, da dunkle Träume bleiben,
und alle Wesen stiller in sich leiden.

Es dachte lebenslang, das müsste wohl so sein,
denn jene schmalen Schultern, die sich heut noch neigen,
belegten sie mit dem Gebot, zu schweigen.
Das Kind im Manne bleibt verstummt, allein.


Sehr gerne alles gelesen und darüber nachgedacht.

Liebe Grüße sy

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Alt 14.02.2017, 15:16   #6
Kokochanel
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Ihr Lieben,
ich danke euch für die nachhaltige Befassung mit dem Werk und auch dir Erich, für deine Geschichte. Sie berührt.

Ich habe mich noch nicht entschieden und habe im Moment auch wenig Ruhe dafür. Hab viel um die Ohren und ab nächste Woche ist Karneval angesagt.
Da kommen von mir nur noch Büttenreden und Kokolores.

Erichs letzte Fassung ist mir sehr weit weg von meiner. Durch das Umstellen geht die Diskrepanz ziwschen Gestern und Heute mir irgendwie verloren.
Ich werde das noch mal genau prüfen und mich dann dazu noch einmal melden.

Hier geht es auch um psysische Gewalt. Das betroffene Kind hatte das seltene Pech eine unterkühlte Mutter und einen gewalttätigen Vater zu haben. Mehr geht nicht. Entsetzlich...

Danke euch beiden. ich melde mich noch mal zu dem Werk. Versprochen.
LG von Koko
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Alt 18.02.2017, 11:32   #7
Kokochanel
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habe mich nun für die Endfassung entschieden. LG von Koko
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Alt 20.02.2017, 15:00   #8
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Da habe ich nun also im Gegenzug für mein Nebelwirken nun ein Nebel-Geheimnis aus deiner Feder gefunden, liebe Koko, und muss zugeben, dass spätestens ab Zeile 3 sich eine sehr düstere Stimmung aufzubauen begann. Das ist dir richtig gut gelungen!

Ich brauchte eine ziemlich lange Zeit, um in der letzten Strophe zu entschlüsseln, für wen das "sie" steht und habe es eher allgemeiner als eine nicht näher bestimmte Personengruppe interpretiert (nachdem mir nach einem ersten Stolpern klar war, dass nicht die Schultern sich selbst belegten). Für einen Verweis auf die missbrauchenden Eltern war es mir persönlich etwas zu uneindeutig und auch im Text nicht wirklich ein Hinweis zu finden.

"Alle Wesen", die "stiller in sich leiden" finde ich eine sehr starke Zeile, denn sie trifft für mein Empfinden sehr genau diese Stimmung in Nächten, wo einen quälende Altlasten wieder ins Gedächtnis kommen. Das Stiller-Werden ist für mich insofern essentiell und sehr richtungsweisend für den Text, da es noch zusätzlich die Hilflosigkeit und Isoliertheit betont, in der sich Missbrauchte oft befinden. Als müssten sie alle Last des ihnen angetanen Unheils für immer allein auf ihren Schultern tragen. Wo kein Urvertrauen, da auch nicht die Handlungsoption sich jemandem anzuvertrauen und so Hilfe zu erhalten. Eigentlich schrecklich, dass Missbrauch im Kindesalter so viel mehr zerstört und oft eine lebenslange, seelische Behinderung im Lebensvollzug darstellt!

All das stößt dein Gedicht an, ohne es beim Wort zu nennen. Das finde ich besonders gut und wichtig, damit der Text nicht ins Weinerliche oder Pathos abrutscht. Die Eltern hätte ich mir noch präsenter "angedeutet" gewünscht - aber das ist Geschmackssache.

Gern gelesen trau ich mich bei einem solch düsteren Text fast nicht zu sagen.
Gelesen und davon berührt. Das passt.

Lieber Gruß,
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