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Denkerklause Philosophisches und Nachdenkliches

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Alt 03.07.2014, 21:57   #1
Dana
Slawische Seele
 
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Lieber eKy,

ich weiß gar nicht wie und wo ich anfangen soll.
Habe wirklich zwei Mal gelesen, jedes Sonett ob seiner Dichtkunst genossen und die Inhalte fast inhaliert. Bei den meisten liefen Bilder eines bestimmten "Menschentypus" ab, den man kennt, den man erlebt hat - aber ebenso jene, die eben so sind, weil sie so sind. (Ohne jeden "Zeigefinger" - ein Menschentypus bin ich selbst - nur habe ich mich in keinem erkannt.)
Vorraging begeistert jedoch einzig die Lyrik in ihrer Realität. Das Festhalten an "vertrauten" Personen mag ganz persönlich bleiben.

Das Wort "Todsünde" berührt auf ganz eigene Art.
Sünde = das eingebläute Böse? Es ist böse und allgegenwärtig, so vertraut, seit Ewigkeiten dazugehörig - doch ist es wirklich böse? Böse ob der Sünde - oder böse ob der Gemeinschaft, die durch Erkennen besser, anders bestehen könnte? Dafür bedarf es keiner Religion. Die Eigenschaften sind gegeben. Diese zu erkennen und gemeinschaftlich als nicht lebenswert durch Erfahrung zu "zügeln" könnte, sollte, müsste jede verdummende, strafende Religion ersetzen.
Schaut man in die Welt hinein - bleiben jene Eigenschaften noch lange Todsünden, für die im Namen von Göttern gemordet, gezügelt, gedemütigt wird, um Schafsherden zu bilden.
Das "Allerschlimmste" ist, dass die menschlichen Eigenschaften von eben jenen Betroffenen ge- und benutzt werden, um selbst noch daraus Profit zu schlagen. Todsünden sind ein bewährtes und einbringendes Kapital.

Ich kehre um:

Zitat:
Zitat von Dana
ich weiß gar nicht wie und wo ich anfangen soll.
Ich weiß es und kann es nicht übersetzen.

Ich kann die Sonette bewundern, anerkennen. Ich kann zustimmen - doch die Gedanken bewegen sich ins Unendliche und ersehnen ein Endliches.

eKy, das ist groß und großartig. Ich werde immer wieder lesen und hier und da kopieren und einfügen, um in deinem Namen zu reflektieren, ohne dich zum Gott zu machen. Du willst keiner sein, das weiß man. Du bist ein Dichter, ein Denker - ein göttlicher.

Ich weiß, dass ich verstanden wurde - von dir und von allen Lesern.

Danke für einen totalen lyrischen Genuss und für ein besonderes Verstehen.

Liebe Grüße
Dana
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Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
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Alt 04.07.2014, 09:41   #2
Erich Kykal
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Hi, Dana!

Erst mal vielen herzlichen Dank für so ein gewaltiges Lob!

Auf deine Frage nach dem Bösen möchte ich mit einem Buschzitat aus "Die fromme Helene" antworten:

"Das Gute - dieser Satz steht fest -
ist stets das Böse, das man lässt."

Ohne die Ritualisierung und Verbrämung durch Religiöses könnte man unter "Sünde" einfach jede Form von asozialem Verhalten subsummieren. Alles, was der Gemeinschaft oder deren Einzelpersonen Schaden zufügt, darf als Sünde gelten - dafür braucht es keinen Gott.

Ob wir "sündigen" im Sinne dieser Gemeinschaft, ist immer eine bewusste Entscheidung, zumindest nach dem ersten Mal, wenn wir die Konsequenzen unseres Tuns gelernt haben.

So unverdächtig simpel also Busch's Zeilen auch daherzukommen scheinen, in ihnen gründet sich eine tiefe Weisheit, lapidar, fast schnippisch auf den Punkt gebracht, so wie er es meisterlich beherrschte.

Vielen Dank für deine Gedanken!

LG, eKy
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
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Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.

Geändert von Erich Kykal (04.05.2018 um 23:34 Uhr)
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Alt 20.07.2014, 12:01   #3
Chavali
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Hi Erich,

bin nochmal da

Mir hatte keine Ruhe gelassen, dass du diese Unterformen mit verdichtet hast.
Deshalb habe ich bei Wikipedia gesucht und den

Bilderzyklus von Andreas Noßmann (bei Google suchen)

gefunden.



Von daher ist dein Gesamtwerk über die 7 Todsünden (die Laster der Menschheit)
noch höher einzuschätzen!




Gern nochmals mit beschäftigt!


Lieben Gruß,
Chavali





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Alt 20.07.2014, 13:47   #4
Erich Kykal
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Hi, Chavi!

Ich habe mir diese Noßmann-Bilder angeschaut - ein guter Zeichner! Ich kannte sie bislang nicht, nur die spätmittelalterlichen Darstellungen. Die Unterformen, wie du es bezeichnest, habe ich bei Wikipedia gefunden. Diese mit "Saligia" zusammengefasste Aufschlüsselung mit zugeeigneten Höllenfürsten gab mir endlich einen weitgefassten Rahmen für die Fügung in Sonettform.

Manches mehr an Begriffen hat der Noßmann
gefunden, aber es gibt viele Überschneidungen und Gleichaussagen. ZB "Eigennutz" und "Selbstsucht" oder "Trübsinn" und "Melancholie", "Gefräßigkeit" und "Völlerei", usw...
Ich habe versucht, die wesentlichen Eigenschaften je nur einmal herauszukristallisieren.

Vielen Dank für den Tipp!

LG, eKy
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Geändert von Chavali (26.07.2014 um 12:57 Uhr)
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Alt 26.07.2014, 13:02   #5
Chavali
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Servus Erich,

den Link habe ich mal entfernt, weil nur Wiki und im Musikfaden Yt verlinkt werden dürfen

Deswegen hatte ich auch in meinem Post nur den Hinweis: bei Google suchen gegeben


Noch eine Empfehlung für alle Leser:

Dieses Gesamtwerk ist eines der beeindruckendstes Werke zumindest in diesem Forum.
Es lohnt sich also zu lesen und darüber nachzudenken


LG Chavali
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Alt 02.08.2014, 16:36   #6
Erich Kykal
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HI, Chavi!

Ist schon okay, war nicht so wichtig.

Danke für die tolle Empfehlung!

LG, eKy
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Alt 04.09.2014, 21:43   #7
Chavali
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Hi Erich,

ich hatte dir unlängst versprochen, auf deine Todsünden im Einzelnen zurück zu kommen

Heute nehme ich mir den Hochmut vor:

Zitat:
Hochmut

Die Tür geht auf und du betrittst die Szene,
bist Lichtgestalt, die ihren Kult begründet,
ein Strom der Macht, der in die Menge mündet
und schüttelst weise deine Künstlermähne.

Du zelebrierst das ganz und gar Mondäne,
erträgst die aufgescheuchten Fotografen,
denn wie das größte neue Schiff im Hafen
erhellt dein Glanz die dämmernde Domäne.

Du weißt, es ist schon immer so gewesen:
Man ist erpicht, sich mit dir auszutauschen,
an deiner Gegenwart sich zu berauschen.

Was sind die Menschen schon vor deinem Wesen
als Buckelnde, die deiner Weisheit lauschen!
Wie leichthin kannst du doch in ihnen lesen.

Am besten gefällt mir hier der Einstieg, die erste Strophe, in der man den Hochmut am intensivsten spürt,
und die ersten beiden Zeilen der zweiten Terzetts.

Für den Protagonisten ist nichts so wichtig wie er selbst und dementsprechend fühlt er sich als Nabel der Welt.
Seine Arroganz zeigt sich im Umgang mit anderen Menschen, die er von oben herab behandelt.
Mir scheint aber, dass so ein Verhalten in vielen Fällen auch noch hofiert wird!

Sehr gut gelungen!

LG Chavali


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Alt 05.09.2014, 17:21   #8
Erich Kykal
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HI, Chavi!

Natürlich hat das Werk ein paar Macken, zB der leich unreine Reim "Szene" in S1Z1 zu den anderen: "Mähne, Mondäne, Domäne".
Auch die wechselnden Innenreime der Zeilen 2 und 3 der Quartette sollen nicht unerwähnt bleiben.

Abgesehen davon (und die meisten würden derlei heutzutage gar nicht mehr als Fehler werten...) ein mehr von den generierten Bildern getragenes Werk: Nichts hat mich zueiten an der Kunstszene mehr angewidert als selbstgefällige, arrogante "Stars", die mit der Selbstverständlichkeit der Rücksichtslosen über das Schaffen anderer hinwegwitzelten. Von Respekt unter Kollegen keine Spur!
Die haben sich ein paarmal zu oft von ihren Kriechern versichern lassen, wie "göttlich" sie seien - und irgendwann haben sie - vielleicht nur zu gern - den Blödsinn geglaubt!
Besonders Schauspieler: Können oft nicht mehr als fotogen in eine Kamera zu schmachten, bilden sich aber gern ein, sie wären die Creme der Kunstszene, bloß weil sie in unserer oberflächlichen medienorientierten Welt den größten Celebrity-Faktor haben!

LG, eKy
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Geändert von Erich Kykal (08.04.2015 um 13:07 Uhr)
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Alt 30.12.2017, 12:55   #9
juli
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Standard Hey eKy,

Es ist wieder ein Jahreswechsel. Und ich weiß nicht wohin die Welt driftet.
Ich habe mich an diese besonderen Sonette erinnert und jedes ist für sich besonders. Sie regen zum Nachdenken an, und du gibst mit deinen Gedanken, wichtiges, was zu bedenken ist.

Jahreswechsel ist immer ein Taumel mit Krachen, Knallern, Feuerwerk und dem Hoffen auf einen Neuanfang. Wenn eine kleine Sünde von allen Menschen nur beachtet werden würde, würde die Welt schon ein Fünktchen besser werden.

Ich weiß ich träume und die Menschen sind so wie sie sind.

Dennoch ich hoffe auf ein gutes Neues Jahr!

Ich wünsche dir und dem Zausel einen guten rutsch ins Neue Jahr.

Alles Gute sy.

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Alt 31.12.2017, 22:43   #10
Erich Kykal
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Hi Sy!

Ich sehe erst jetzt, dass du diesen Faden erneut "geliftet" hast, liebe Sy! Vielen Dank dafür!

Eigentlich wollte ich hinterher noch einen Zyklus mit lauter positiven menschlichen Eigenschaften schreiben - aber ich musste feststellen, dass mich das überhaupt nicht reizte! Warum wohl ... !?

LG, eKy
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Geändert von Erich Kykal (31.12.2017 um 23:18 Uhr)
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