01.02.2013, 01:17 | #1 |
verkannt
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sieben Silben (Antisonett)
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Mit sieben Silben sagt so mancher mehr, als andrer der sich durch Kadenzen schlängelt und Worte in das Sprachkorsett reindengelt, bis sie formvollendet, nur noch mächtigschwer, den Zeilenweg dann angeschlichen kommen, ins Ohr sich stürzen wie ein fahler Wurm, auf dünnem Fundament steht dieser Turm und Wortsalat macht meinen Kopf benommen. So vieles wäre einfacher gesagt würd man sich auf das Nötigste beschränken, drum habe ich mich grade mal gefragt, was wäre wenn wir einfach mal einlenken, und hören wie das eingepferchte Wort sich plagt? Dann könnten wir den Dichterstreit versenken.
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© auf alle meine Texte „Mir gefiel der Geschmack von Bier, sein lebendiger, weißer Schaum, seine kupferhellen Tiefen, die plötzlichen Welten, die sich durch die nassen braunen Glaswände hindurch auftaten, das schräge Anfluten an die Lippen und das langsame Schlucken hinunter zum verlangenden Bauch, das Salz auf der Zunge, der Schaum im Mundwinkel.“ Dylan Thomas |
01.02.2013, 16:16 | #2 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Hallo Cabrail,
zu diesem sehr ernsthaften Dichterstreit muss ich unbedingt auch etwas beitragen: Anti-Haikus Fünf, Sieben und Fünf. Moren sind keine Silben. Zu viel - - - Fünf, Sieben und Fünf. Die Länge der Moren macht alle Zeilen gleich. was sagst du dazu? Ich wage mich jedenfalls an die Dinger nicht ran. Liebe Grüße Thomas
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© Ralf Schauerhammer Alles, was der Dichter uns geben kann, ist seine Individualität. Diese seine Individualität so sehr als möglich zu veredeln, ist sein erstes und wichtigstes Geschäft. Friedrich Schiller |
01.02.2013, 21:13 | #3 |
asphaltwaldwesen
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Danke für deine Ausführungen, Thomas,
denen ich von ganzem Herzen beipflichten möchte! Unsere Silben sind den japanischen Moren nun mal in keiner Weise ähnlich - dennoch hat die japanische Gesellschaft für Haiku irgendwann beschlossen, auch fremdsprachige Dichtung, die sich dann eben der Silben bedient anstelle der Klangeinheiten der Moren, als Haiku anzuerkennen, wenn deren Wesen des geistigen Hintergrunds dem des Haiku entspricht. Folgerichtig wird auch nicht darauf bestanden, dass es sich um exakt siebzehn Silben handeln muss, um haiku zu sein. Da sind andere Dinge, die man aber nur verstehen kann, wenn man sich auch ein wenig mit der Kultur und Geisteshaltung der Japaner auseinandersetzt, wichtiger als Silben-Zählen. (Dadurch wird haiku aber dann doch wieder etwas, das gar nicht sooo ratz-fatz geht, wie das manche gerne hätten... ). Ebenso wie eben nicht alles Sonett ist, das auf den ersten Blick ev. so aussieht. Einige, wenige haiku-Dichtungen nicht-japanischer AutorInnen werden sogar von den Japenern selbst sehr geschätzt - so zum Beispiel die haiku von Imma von Bodmershof, die sich dieser Gedicht- und Meditationsform ihr Leben lang sehr intensiv gewidmet hat und an einem einzelnen sehr lange und intensiv arbeitete. Abgesehen davon ist ein gesamtes haiku kein Sieben-Silber, sondern ein Siebzehn-Silber, so man das möchte. Und außerdem gibts hier doch gar keinen Streit, sondern eine Menge Spaß, Augenzwinkern und respektvolle Stichelei mit einer Riesenportion Selbstironie auf beiden Seiten, sollte das dem aufmerksamen Beobachter entgangen sein... LG, fee
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"Gedichte sind Geschenke an die Aufmerksamen" Paul Celan |
01.02.2013, 21:42 | #4 |
Gelegenheitsdichter
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Willst du dir ein Haiku schrauben,
Darfst du wenig dir erlauben. Episch werden? Schnell vergessen! Reimbeschwerden, weil versessen, Alles auf den Vers zu kriegen? Gaijin, dann bleib lieber liegen! Willst du wem die Welt erklären, Über Schlimmes dich beschweren? Dann bist auf dem falschen Dampfer, Westlicher Weltbildverkrampfer! Willst du Haiku, mach auf Zen, Versuch die Welt nicht zu verstehn, Versuch es einfach, sie zu sehn: Mit so nem Haiku könnt was gehn.
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Dichtung zu vielen Gelegenheiten -
mit einem leichtem Anflug von melancholischer Ironie gewürzt Alle Beiträge (c) Walther Abdruck von Werken ist erwünscht, bedarf jedoch der vorherigen Zustimmung und der Nennung von Autor und Urheberrechtsvorbehalt Geändert von Walther (02.02.2013 um 19:35 Uhr) |
01.02.2013, 21:53 | #5 |
verkannt
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Hallo ihr zwei,
nu ja, ich habe eigentlich gar keine Ahnung,(aber davon jede Menge) ich wollte nur auch mal was sagen und es steht ja auch unter Spaß. Ich weiß echt nichts von Haiku, aber ich kenne jemanden der heißt Heiko, den verstehe ich auch nicht. Und von Sonetten verstehe ich auch nicht wirklich was und überhaupt und sowieso ..., aber verdammt nun bin ich neugierig geworden und werde mal in der Haikuecke graben . Moren? Das hier kein Streit ist habe aber sogar ich begriffen und hätte ich doch mal die Fresse gehalten............. aber ;-), wenn ich manche Krampfsonette sehe, die dann sämtlichen von der Behörde für Sonettellen vorgeschriebenen Kriterien entsprechen, muss ich aua sagen. Hier in diesem Forum kommt das ja, bis auf meine Ausnahme, nicht vor. Lieben Gruß C.
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© auf alle meine Texte „Mir gefiel der Geschmack von Bier, sein lebendiger, weißer Schaum, seine kupferhellen Tiefen, die plötzlichen Welten, die sich durch die nassen braunen Glaswände hindurch auftaten, das schräge Anfluten an die Lippen und das langsame Schlucken hinunter zum verlangenden Bauch, das Salz auf der Zunge, der Schaum im Mundwinkel.“ Dylan Thomas |
01.02.2013, 22:07 | #6 |
TENEBRAE
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@ Walther
Das "G" und das "H" liegen auf der Tastatur gleich nebeneinander - so wird aus einem Gaijin ganz schnell ein Haijin... @ cebrail Schön, dass du dein Antischwurbelsonettgedicht (ausgerechnet in - nicht ganz korrekter - Sonettform, tz-tz-tz!) letzthin noch relativiert hast - ich dachte schon, ich müsste mich angesprochen fühlen! Danke für den Spaß! LG, eKy
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit. |
01.02.2013, 22:50 | #7 |
asphaltwaldwesen
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Ok, ok, ich hab in meinem letzten post wohl eindeutig zu wenig Smilies....der war natürlich (wenn auch sachlich fundierten und korrekten Inhaltes) auch als (sehr reale) Satire auf jene Haiku-Verfechter gemeint, die eben dann überall raushängen lassen müssen, dass sie - und nur sie - tatsächlich wissen, worum es bei haiku wirklich geht.
Meine Schuld - hätt ich nicht ganz so knochentrocken anbringen sollen. Ich dachte, die Rechthaberei ist so überzogen, das MUSS eindeutig als joke erkennbar sein, wenn man so mit dem Fuchtelzeigefinger belehrt, wie ich das versucht hab. Klar war mir klar, dass du das mit dem Streit nicht ernst meintest, Cebrail. Und ich hab mir - im Gegensatz zu Erich jedenfalls - verkniffen, darauf hinzuweisen, dass dein Sonett nicht ganz astrein, also aua-frei, ist. Was ja manche doch auch wieder schmerzt. Menno, ist das kompliziert alles. Liebe Grüße, fee
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01.02.2013, 22:51 | #8 |
verkannt
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Sorry Walther,
da hat sich wohl was überschnitten oder es liegt an den lustigen Zigaretten die hier kreisen ;-). Danke dir das du auf den Haikuzug aufgesprungen bist. So habe ich schon mal ne erste Anleitung. @ fay, ich lese hier gerade von siebzehnsilber, was ist denn das in Euro? Und wo soll ich das mit dem Sonett denn her wissen? Mir sagt doch keiner was, ich male immer ein anderes ab und tausche dann nach und nach die Buchstaben aus. He eky, wer bin ich denn, dass ich mit Steinen werfe? Ich wohne in einer Gummizelle und die kommen alle zurück. Ich danke euch für den Besuch hier und ........... ich will doch nur spielen. Nen Gruß und Prost C.
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© auf alle meine Texte „Mir gefiel der Geschmack von Bier, sein lebendiger, weißer Schaum, seine kupferhellen Tiefen, die plötzlichen Welten, die sich durch die nassen braunen Glaswände hindurch auftaten, das schräge Anfluten an die Lippen und das langsame Schlucken hinunter zum verlangenden Bauch, das Salz auf der Zunge, der Schaum im Mundwinkel.“ Dylan Thomas Geändert von Cebrail (01.02.2013 um 22:54 Uhr) Grund: Nu ja ;-) |
02.02.2013, 10:12 | #9 |
Lyrische Emotion
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Ort: Inselstadt Ratzeburg
Beiträge: 9.912
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Hi Cebrail,
*kicher* mit Speck fängt man Mäuse, nicht wahr? Ok, ich gehe gerne in diese Falle, vor allem, weil ich mich in der letzten Zeit ausführlich der Sonettform gewidmet habe. Nun erfüllen meine Texte sicherlich nicht alle die üblichen Ansprüche, die an ein klassisches Sonett gestellt werden, aber darum geht es gar nicht. Ich finde einfach diese Form so faszinierend und darum experimentiere ich so gerne damit. Außerdem muss ein "modernes" Sonett heutzutage nicht mehr zwangsläufig den üblichen, klassischen Vorlagen folgen, um ein Sonett zu sein. Das Sonett ist nämlich darüber hinaus auch ein sogenanntes "Klanggedicht", daß ganz einfach durch seinen Aufbau und fließende Sprache gestaltet werden kann. Und woran ich persönlich ebenfalls sehr große Freude habe, ist das vorgeschriebene "Korsett", was ich keineswegs als einengend empfinde, sondern ganz im Gegenteil immer wieder als Herausforderung verstehe, meine Sprache und den zu vermittelnden Inhalt so zu gestalten und nicht anders. Darin liegt für mich, also rein subjektiv gesehen, die eigentliche Kunst, meine Verse zwar den formalen Zwängen unterzuordnen, jedoch den natürlichen Sprachfluss dabei zu erhalten, so daß es nicht gekünstelt, sondern gekonnt klingt. Zumindest versuche ich mich darin. Immer gelingen tut dies selbstverständlich nicht, aber da macht eben die stetige Übung den Meister. In Haikus habe ich mich auch schon versucht, doch dies ist schon eine ganz spezielle Angelegenheit und ich kann mich nicht recht mit ihnen anfreunden, da sie mir zu wenig Spielraum lassen, weil sie mir allein durch ihre Knappheit nicht für komplexere Themen geeignet scheinen, sondern lediglich kurze Momentbetrachtungen wiederspiegeln. Es ist eben auch eine spezielle Art der Dichtung, die allerdings einen ganz anderen kulturellen Hintergrund besitzt, so daß ich mich sehr schwer damit tue. Es gibt sicherlich sehr schöne Haikus in deutscher Sprache, aber ich finde, sie sind eher rar gesäht. Diese Art liegt mir einfach nicht und so sage ich mir selbst, Schuster, bleib bei deinen Leisten. Da weiß ich wenigstens, was ich zu leisten imstande bin und schreibe lieber einigermaßen passable Sonette, als schlechte Haikus. Trotzdem finde ich deinen Text gelungen, denn er ist ja mehr satirisch zu verstehen, auch wenn ich den hier beschriebenen "Dichterstreit", an dem ich ja nicht ganz unbeteiligt bin, eher als "Dichterwettstreit" sehe, der für alle Beteiligten nur ein wenig Spaß bringen soll. Und daran hast du dich ja jetzt hier erfolgreich beteiligt, so daß dieser Wettstreit durchaus als erfolgreich azusehen ist. Das hat mir gut gefallen. Gerne gelesen und kommentiert... Liebe Grüße Bis bald Falderwald
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Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine) Für alle meine Texte gilt: © Falderwald --> --> --> --> --> Wichtig: Tipps zur Software |
02.02.2013, 17:11 | #10 |
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Senryu
Für oder wider: Moren versus Jamben Eine Haikuh muht Geändert von marzipania (02.02.2013 um 17:13 Uhr) |
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